Rede unseres Co-Fraktionsvorsitzenden Mike Altmann (Motor Görlitz) im Stadtrat am 27.3.2025:
Der Doppelhaushalt 25/26 zeigt dramatisch die Unterfinanzierung der Kommunen in Deutschland und speziell in Sachsen.
Die Kosten explodieren, insbesondere im Personalbereich. Es ergibt für uns aber keinen Sinn, mit der Kettensäge durchs Rathaus zu laufen und Personalkosten pauschal zu kürzen.
Wir benötigen eine moderne, digitalisierte Verwaltung, die auf Zack ist, die das Ermöglichen in ihren Genen trägt. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung ist eine Analyse der laufenden Prozesse und eine darauf aufgebaute Personalentwicklung. Diese Zukunfts-Aufgabe gelingt nur mit einem OB als Anführer und Motivator, der sein Rathausteam einbindet, klare Ziele definiert und diese gemeinsam angeht.
Eine rigide Rotstiftpolitik lehnen wir ab. Sie verringert die Lebensqualität und forciert den Wegzug. Eine Abwärtsspirale würde in Gang gesetzt.
Das entbindet uns aber nicht von der Verantwortung, sparsam zu wirtschaften und effizient zu handeln. Seit Jahren regen wir an, dass die städtischen Gesellschaften prüfen, welche Synergieeffekte es durch Bündelung geben kann. Etwa durch einen zentralen Einkauf oder durch eine gemeinsamen Stab für innere Dienste wie Personalwesen oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Was die Verwaltung angeht, wollen wir ein Konzept zur Stellenreduzierung beim Sachgebiet Denkmalschutz und dem Sachgebiet Bauordnung sehen. Mit dem Landrat muss ein besserer Ausgleich dieser freiwillig übernommenen Leistungen verhandelt werden. Wir zahlen so viel Kreisumlage, dass es keinen Grund gibt, noch etwas als Geschenk draufzulegen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine wirkliche Haushalts-PLANUNG für 25/26 ist kaum möglich. Wir kennen den sächsischen Haushalt nicht. Es ist unklar, welchen Anteil unsere Kommune am Sondervermögen des Bundes bekommen wird.
Wir werden trotz der Fragezeichen diesem Haushalt zustimmen. Mit den Fraktionen von CDU und BfG haben wir uns auf gemeinsame Positionen verständigt. Diese kollegiale und vertrauensvolle Zusammenarbeit hat zu einigen Änderungsanträgen geführt, die später eingebracht werden.
Wichtig ist uns, dass trotz angespannter Haushaltslage Investitionen fortgesetzt bzw. neu geplant werden.
Für uns haben Schulen die höchste Priorität, die Gesamtsanierung des Förderschulzentrums und der Bau der neuen Oberschule. Erfreulicherweise ist auch die Sanierung der Oberschule Innenstadt in der Planung enthalten.
Eine gesunde und agile Stadtgesellschaft braucht intakte Sportstätten. Wir freuen uns, dass etwas geschieht, zum Beispiel bei der Jahnsporthalle, wo das Dach gedeckt wird, auf dem gesperrten Hirschwinkel Sportplatz und auf dem sanierungsbedürftigen Sportplatz Biesnitz.
Investitionen gibt es auch für unsere Berufsfeuerwehr und die ÖPNV-Infrastruktur, mit barrierefreien Haltestellen.
Auch auf die Sanierung der Stadthalle schauen wir – bei aller Skepsis – mit Optimismus. Das muss gut werden. Der Bau muss in den Kosten und im Zeitplan bleiben. Wir unterstützen Bemühungen des OB, europäische Partner für den Betrieb zu gewinnen.
Was uns besonders erfreut: Es wird an der Europastadt gebaut. Im Kleinen über Interreg beidseits der Neiße wird der Brückenpark wachsen. Im Großen arbeiten unsere Stadtwerke mit ihren Partnern in Polen an einer grenzüberschreitenden Wärmeversorgung für beide Teile der Europastadt. In Zeiten zunehmender Abschottung in der Welt überwindet Wärme eine Grenze. Wir wünschen uns, dass Görlitz-Zgorzelec zusammenwächst. Durch weitere Brücken, durch einen Ausbau des grenzüberschreitenden Nahverkehrs, durch eine gemeinsame Europastadtplanung – besonders im Hinblick auf eine gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung.
Unsere aufblühende Forschungslandschaft wächst mit CASUS, Senckenberg und Construction Future Lab und natürlich dem Deutschen Zentrum für Astrophysik. Die Grundstücksfrage für den DZA- Aufbau im Kahlbaum-Gelände ist geklärt. Es wird investiert. Oberlausitzer finden dort gute Arbeit. Menschen von außerhalb kommen wegen der einzigartigen Möglichkeiten dieses Forschungszentrums nach Görlitz.
Sie wohnen hier, kaufen ein, besuchen Restaurants, gehen abends in Kino und Theater, nutzen Bus und Bahn, verjüngen die Stadt, beleben mit ihrem Nachwuchs Kitas und Schulen, Sportvereine und Musikschule.
Das DZA ist für Görlitz eine Jahrhundertchance. Nicht nur als Wissenschaftsstandort. Forschung braucht Technologieentwicklung. Was davon können wir nach Görlitz locken und hier ansiedeln, um neue Arbeitsplätze zu schaffen? Wir wollen durch kluge Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung Görlitz zum Forschungs- UND Technologiestandort ausbauen.
Schöne Fassaden werden nicht reichen, um junge Menschen hier zu halten, Familien von auswärts anzuziehen. Es geht darum, dass wir uns nicht kaputtsparen. Wir brauchen gute Arbeits- und Ausbildungsplätze, intakte Kitas, Schulen, Sportstätten, Spielplätze, Grünflächen und Parks, eine vielfältige Vereins- und Angebotslandschaft. Wir brauchen aber auch eine freundliche Stimmung in der Stadt, Zukunftsfreude, Optimismus, Neugierde, Lust auf Veränderung, Brot und Salz für neue Nachbarn.
Für die Stimmung in Görlitz tragen wir Stadträte eine Mitverantwortung. Auch mit unserem heutigen Beschluss. Wir sagen Ja – zu einer weiteren positiven Entwicklung von Görlitz.
(Es gilt das gesprochene Wort.)