Containerlernen ist kein Zukunftskonzept

Zwei Jahre nach dem Grundsatzbeschluss zum Bau der Schule im Stadtrat schlägt OB Octavian Ursu vor, die Pläne für den Neubau einer Görlitzer Oberschule vorerst auf Eis zu legen. Begründet wird das neben finanziellen Schwierigkeiten auch mit einem geringeren Anstieg der Schülerzahlen als vor zwei Jahren prognostiziert. Damit würde man keine neue Oberschule mehr benötigen, hieß es in der Sächsischen Zeitung: „Bewahrheiten sich die aktualisierten Prognosen der Stadt, würden in fünf Jahren 82 Klassen benötigt. Im Moment sind es 78. Für diese Steigerung aber würde sich eine neue Schule unter den jetzigen finanziellen Gegebenheiten nicht rechnen.“ Diese Kehrtwende der Rathausspitze hat unsere Fraktionsvorsitzende Dr. Jana Krauß entsprechend kommentiert:

„Aus mehreren Gründen sind wir gegen die von OB Ursu vorgeschlagene Verschiebung des Projekts „Neue Oberschule in der Görlitzer Innenstadt West“. Zunächst beruht die von der Verwaltung erstellte neue Bedarfsprognose auf der Betrachtung des Rückgangs der Geburtenzahlen in den Jahren 2018/2019 und 2019/2020. Das ist zum einen ein sehr kleiner Zeitraum (kleine Sprünge nach oben oder unten gab es zuletzt regelmäßig bei den Geburtenzahlen). Zum anderen  setzt diese Prognose voraus, dass kaum Kinder nach Görlitz zuziehen werden. Mit dieser Annahme würde vorauseilend akzeptiert, dass Görlitz in seinen Bemühungen um eine Erhöhung von Lebensqualität und Familienfreundlichkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zur Steigerung des Zuzugs junger Familien scheitert. Das ist nicht hinnehmbar. Weiterhin ist es bereits jetzt so, dass die Oberschulen in Görlitz voll ausgelastet sind, Schülerinnen und Schüler in Containern unterrichtet werden. Aus der neuen Prognose ergibt sich, dass selbst in den Jahren mit den größten Unterschieden zur Prognose von 2018 75 % einer neuen, zweizügigen Oberschule belegt wären. Unsere Schlussfolgerung aus der neuen Prognose lautet: Wir brauchen eine neue Oberschule, daran hat sich gegenüber März 2019, als der Stadtrat den Grundsatzbeschluss zum Bau einer Oberschule fasste, nichts geändert.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass angesichts der schwierigen Haushaltslage Prioritäten gesetzt werden müssen. Diese liegen für uns bei der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt – eine hohe Qualität der Bildung von Kindern und Jugendlichen ist dafür essenziell.

Schulen können über Geld aus dem Strukturwandel gefördert werden. Für arme Kommunen beträgt die Förderquote bis zu 95 Prozent. Für eine solche Förderung muss ein Beitrag zum Strukturwandel geleistet werden. Warum denken wir Schule also nicht weiter als bisher? Als Bildungscampus, wo Jung und Alt gemeinsam lernen. Als Modellschule für digitale Anwendungen oder für innovative MINT-Ausbildung. Ähnliches forderte in der letzten Stadtratssitzung auch CDU-Stadtrat Gerd Weise. Im besten Fall wird daraus ein ganzheitliches Strukturwandelprojekt, mit dem wir nicht nur eine moderne Oberschule erhalten, sondern in der Innenstadt-West den Strukturwandel kreativ gestalten. Dafür braucht es die Verankerung des zu erwartenden Eigenanteils bereits im Doppelhaushalt 2021/22. Das werden wir in die Haushaltsverhandlungen einbringen.“

Warum wir eine neue Oberschule brauchen

So sieht es bereits heute an der Scultetus-Oberschule aus. Wir möchten nicht, dass noch mehr Kinder in Containern lernen müssen.

Basis unserer Überlegungen ist die Ausgangslage im März 2019, als der Grundsatzbeschluss für den Neubau gefasst wurde. Bereits damals fehlten Räume, mussten Kinder in Containern lernen. Hat sich an der Überlastung der bestehenden Oberschulen etwas verändert seit 2019? Oder wird es künftig noch voller?

Zur Ausgangslage: Am 7.3.2019 wurde einstimmig ein Grundsatzbeschluss für den Bau einer neuen Oberschule in der Innenstadt gefasst. In einer Anlage zur Beschlussvorlage stellt die Verwaltung klar, dass es zum Neubau keine Alternative gibt, wenn man die bestehenden Schulen nicht endgültig überlasten will. Zitat:

„Die Erweiterung der OS Rauschwalde um 2 Züge würde eine Zügigkeit von 4,5 Zügen (max. 756 Schüler!) zur Folge haben. Die Erweiterung von 2 Oberschulen um je 1 Zug hätte eine Zügigkeit von je einer Schule auf rd. 3,5 Züge zur Folge.

Zur Bewertung ist zu beachten, dass sich in den ersten Monaten des Jahres 2018 das Lehrerkollegium der Oberschule Innenstadt an die Stadt Görlitz als Schulträger gewandt hatte, wonach die Situation der Schule aufgrund der sozialen Lage, des hohen Migrantenanteils und der hohen Zügigkeit in der Schule nicht mehr zu vertreten war. Im Ergebnis aller Gespräche wurde mit dem Landesamt für Schule und Bildung (LASuB) festgelegt, dass die Oberschule Innenstadt künftig 3-zügig sein sollte und die Anzahl der DaZ-Klassen in der Schule nach Möglichkeit auf 2 zu reduzieren ist, um die Situation zu entspannen.

Ein wesentliches Argument ist aus Sicht der Schulverwaltung eben dieser Aspekt, die Zügigkeit der Schulen in Görlitz auf einem Niveau zu halten, welches wesentlich die gegebenen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Schüler- und Klassenzahlentwicklung, der sozialen Lage und der Leistungsfähigkeit der Kollegien berücksichtigt. Nach jetziger Einschätzung ist die aktuelle Schülerzahl der Oberschulen so hoch, dass keine weitere Erhöhung erfolgen sollte.“

Nun heißt es, dieser starke Anstieg der Schülerzahlen muss nach unten korrigiert werden und würde einen Neubau nicht rechtfertigen. Wir erinnern uns, dass im März 2019 dieselbe Verwaltung noch mit Blick auf die bereits damalige angespannte Lage an den vier Oberschulen dringend vor einer weiteren Erhöhung gewarnt hatte. Und deshalb keine Alternative zum Neubau sah. Gehen denn die Zahlen zurück? 2019 gab es 1.731 Oberschüler. Aktuell sind es 1.770. Selbst in der nach unten korrigierten Prognose bleiben wir konstant deutlich über den Zahlen von 2019. In der Spitze um über 100 Oberschüler. Das heißt: Der 2019 festgestellte Bedarf besteht auch weiterhin.

Von Räumen und Menschen

Es fehlten bereits damals 7 Räume. Sie wurden u.a. durch 5 Container ausgeglichen. Der damals prognostizierte weitere Anstieg an Raumbedarf mag nicht in dem Ausmaß erfolgen, wie 2019 vorhergesehen. Aber er steigt trotzdem und verschärft somit das seit 2019 bestehende Problem. Nach der aktualisierten Prognose werden mindestens vier weitere Räume fehlen. Somit lernen dann etwa 200 Schülerinnen und Schüler in 9 Containern statt in modernen Klassenräumen. Wir sollten aber nicht nur den rein mathematischen Faktor „Raumbedarf“ betrachten. Schon 2019 wurde mit dem Beschluss das Ziel verbunden,  „Problemschulen“  zu vermeiden (wenn man das Kind wie der Volksmund beim Namen nennt). Wie soll das gelingen, wenn man am Status Quo festhalten will – mit noch mehr Containerlernen? Sowohl menschlich als auch mathematisch besteht weiterhin dringender Bedarf an einer modernen Schule der Zukunft in der Innenstadt.

Stadthalle Görlitz

Rücktritte aus Stadthallenstiftung schaden Ruf von Görlitz

Am heutigen Tag berichtete MDR Radio Sachsen, dass Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sowie der Präsident der internationalen Beethovengesellschaft und Professor an der Akademie der Künste, Tomasz Tomaszewski aus dem Kuratorium der Stadthallenstiftung ausscheiden. Begründung ist die Berufung des Vorsitzenden der AfD-Fraktion Lutz Jankus in das Gremium. Jankus war im November 2019 in einer Listenwahl im Stadtrat mit den Stimmen der AfD-Fraktion ins Kuratorium gewählt worden. Vor einigen Monaten geriet er durch seine frühere Mitgliedschaft bei der NPD in die Schlagzeilen.

Unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne fürchtet einen Schaden für den Ruf der Stadt Görlitz, der weit über das Projekt Stadthalle hinausreicht: Wir müssen es ernst nehmen, wenn sich zwei renommierte Persönlichkeiten zurückziehen. Jetzt wollen wir klären, ob die Stadtratsvertreter im Kuratorium der Stadthallenstiftung neu gewählt werden können. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die sächsische AfD nun vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft und beobachtet wird, haben wir eine besondere Sorgfaltspflicht, wer in unseren Gremien die Stadt Görlitz vertritt. Hierzu wollen wir im Verwaltungsausschuss beraten, zunächst nichtöffentlich. Ein entsprechender Vorschlag ist an die Fraktionen und den Oberbürgermeister gegangen. In der Beratung soll auch geklärt werden, wie die Kommunikation zwischen Rathaus und den Mitgliedern des Kuratoriums verläuft. Nach unserer Kenntnis wurden weder Thierse noch Tomaszewski über die Neubesetzung des Gremiums informiert. Das wäre ein klarer Affront gegenüber zwei wichtigen Botschaftern, die überregional für das Projekt Stadthalle und somit die Stadt Görlitz werben wollten.

Oberschule neu denken

Die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne bedauert, dass der geplante Neubau einer Oberschule in der westlichen Innenstadt aktuell nicht finanzierbar ist. „Nach unserer Einschätzung ist der Stadtverwaltung hier kein Vorwurf zu machen. Der Freistaat hat mit Görlitz Fördermitteltombola gespielt, es waren aber letztlich nur Nieten im Lostopf“, sagte Fraktionssprecher Mike Altmann (Motor Görlitz). Nach Darstellung von Bürgermeister Michael Wieler habe es in den letzten Jahren immer wieder neue Vorschläge aus Dresden gegeben, wie der Neubau finanziert werden könnte. Allerdings trug am Ende keiner der Vorschläge. Somit ging wertvolle Zeit verloren.

Angesichts der angespannten Haushaltslage durch die Corona-Folgen müsse sich Görlitz nun darauf konzentrieren, möglichst wenig Eigenmittel zahlen zu müssen, so Altmann: „Schulen können über Geld aus dem Strukturwandel gefördert werden. Für arme Kommunen beträgt die Förderquote bis zu 95 Prozent. Natürlich werden keine 0815-Schulen aus diesem Programm finanziert. Die Schule muss einen Beitrag zum Strukturwandel leisten. Denkbar sind eine Modellschule für digitale Anwendungen oder für innovative MINT-Ausbildung. Das sind nur zwei von vielen Optionen.“

Die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne schlägt vor, dass der Schulneubau in eine Gesamtentwicklung der Innenstadt-West eingebettet wird. 2021 soll für die nötigen Vorbereitungen genutzt werden. Co-Fraktionsvorsitzende Dr. Jana Krauß (Bündnis90/Grüne): „Görlitz sollte insgesamt zu einer lernenden Stadt werden. Warum denken wir Schule nicht weiter als bisher? Als Bildungscampus, wo Jung und Alt gemeinsam lernen? Diese und weitere Fragen möchten wir 2021 mit den Görlitzern diskutieren. Im besten Fall wird daraus ein ganzheitliches Strukturwandelprojekt, mit dem wir nicht nur eine moderne Oberschule erhalten, sondern in der Innenstadt-West den Strukturwandel kreativ gestalten. Es gibt bereits zahlreiche gute Ideen, speziell für die Belebung des Schlachthofgeländes und benachbarter Areale wie dem ehemaligen Waggonbau Werk 1. Schulcampus, Familienzentrum, Kinderbetreuung, Quartiersmanagement, innovative Wohnformen, die Generationen zusammenbringen – all das sind Ansätze, die wir weiterentwickeln wollen. Damit die Innenstadt West modellhaft zu einem attraktiven Quartier wird, in dem Wohnen, Arbeiten, Bildung und Handel in einer völlig neuen Qualität möglich sind.“

Auf keinen Fall sollte es nun Schnellschüsse geben, „um irgendwie irgendeine Schule“ aus dem Boden zu stampfen, so Dr. Jana Krauß: „Der Strukturwandel bietet in den kommenden Jahren erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten. Entsprechend sollte er höchste Priorität genießen und gemeinsam mit den Görlitzern angepackt werden. Davon ist leider aktuell nicht viel zu spüren. Beteiligung ist auch in Zeiten von Corona möglich, wenn man will.“

 

Wer fragt, stört das Klima?

Das Verständnis der Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne von kommunalpolitischer Arbeit wird offenbar als Provokation verstanden. Wir nehmen den heute erschienenen Artikel in der Sächsischen Zeitung mit dem Titel “Wie Hass aus dem Netz in die reale Welt schwappt”, verfasst von Sebastian Beutler, als Gelegenheit, für Klarheit zu sorgen.

Ja, wir sind forsch. Ja, wir stellen Fragen. Fragen dienen – so lautet jedenfalls unser Verständnis – der Klärung, dem Begreifenkönnen, dem Analysieren; ihre Beantwortung bietet den Raum für Transparenz und Lernen und damit für Entwicklung. Ohne Fragen keine Grundlage für Entscheidungen. Darin können wir nichts Ungewöhnliches finden. Irritierend ist jedoch, dass unsere Fragen als Provokation verstanden werden, dass sie uns übelgenommen werden, dass uns Gegnerschaft zur Stadtverwaltung unterstellt wird und dass man uns vorwirft, wir würden uns nicht als Partner der Verwaltung verstehen. Was für ein autoritäres Weltbild liegt in der Forderung, Fragen und Kritik aus Partnerschaften auszuklammern?

Stadtrat und Politik

Viele Grundsätze in der Stadtratsarbeit entsprechen parlamentarischen Gepflogenheiten, beispielsweise Frage- und Rederecht, Fraktionsbildung, Beteiligung an der Willensbildung des Stadtrats durch die Arbeit in beratenden und beschließenden Ausschüssen. Hierin liegt – neben der Verwaltungstätigkeit – die politische Arbeit begründet. Wir haben natürlich auch politische Ziele: Eine der Zeit angemessene Mobilität, eine Verbesserung der Beteiligung von Bürger:innen an der Gestaltung des Stadtlebens, eine angemessene Würdigung und Unterstützung des kulturellen Lebens sind Beispiele. Aus dieser politischen Arbeit entspringen Streit und Vorwürfe der Profilierung; das ist normal. Auch die Konsequenzen sind, wie dieser SZ-Artikel belegt, manchmal unschön, aber durchaus normal und gehören daher zur Stadtratsarbeit dazu. Dessen sind wir uns bewusst, wir mögen zwar die „Neuen“ im Stadtrat sein, aber wir sind weder naiv noch ohne Lebenserfahrung.

Von Kontexten und Umdeutungen

An Herrn Beutlers Ausführungen fallen uns mehrere Dinge auf: Mike Altmann wird vorgeworfen, er hätte einen Ausspruch von Gerd Weise aus dem Kontext gerissen. Gleichzeitig reißt Herr Beutler selbst einen Facebook-Kommentar aus dem Kontext. Sollte es denn in der Presse nicht üblich sein, Quellen anzugeben, um dem Vorwurf der schnöden Behauptung zu entgehen? Wie soll sich der Leser oder die Leserin ein objektives Bild machen, wenn – wie im Fall von Danilo Kuscher – ein aus dem Kontext gerissenes Zitat im Artikel Verwendung findet und der dazugehörige Diskussionsstrang aufgrund der direkt erfolgten Sperrung von Danilo Kuscher nicht nachlesbar ist? Und warum werden die Einordnung und Entschuldigung, die er an Herrn Beutler schrieb, von diesem einfach nicht anerkannt? Was bleibt von einem Vorwurf an Mike Altmann übrig, wenn der zitierte Gerd Weise öffentlich eingesteht, er hätte sich nicht so despektierlich über das Nostromo äußern sollen und um Entschuldigung bittet? Wir nennen das Größe; Mike Altmann hat das auch in seinem Bericht zur letzten Stadtratssitzung so geäußert: „Danke für die Entschuldigung, lieber Gerd. Dazu gehört Größe.“ Herr Beutler wirft uns also gezielte Umdeutung vor und deutet doch selbst gezielt um.

Die „Bürger für Görlitz“ lösten die Bündnisfraktion auf

Herr Beutler geht noch weiter und treibt gezielt Keile zwischen die Stadträt:innen von Bündnis 90/Die Grünen, indem er auf Zitate von Prof. Joachim Schulze vom Mai 2020 zurückgreift. Er ignoriert dabei einen ihm hoffentlich bekannten Umstand, schließlich ist vor allem er als Journalist der Objektivität verpflichtet: Nicht wir „Neuen“ waren es, die die Bündnisfraktion beendet haben. Nein, der Vorstand des Vereins „Bürger für Görlitz“ (BfG) hatte entschieden, die Fraktion aufzulösen. Die Gründe dafür sind bitte bei den BfG zu erfragen – sofern man Fragen stellen möchte. Wichtig ist, sich über die aus der Fraktionsauflösung entstehenden Konsequenzen klar zu werden. Danilo Kuscher, der über die Liste der BfG in den Stadtrat gewählt wurde, erhielt keine Offerte seitens der BfG für einen gemeinsamen weiteren Weg. Professor Schulze formulierte den legitimen, wenn auch für die Bündnisgrünen Stadträtinnen Dr. Jana Krauß und Kristina Seifert schwierigen Wunsch, gemeinsam mit der Fraktion BfG weiterzuarbeiten. Ein Angebot an die beiden Bündnisgrünen Stadträtinnen seitens der BfG-Fraktion erging nicht; durch die Fraktionsauflösung gab es aber auch nachvollziehbarerweise kein Vertrauen mehr in eine zielführende gemeinsame Fraktionsarbeit. Sie konnten sich jedoch sehr gut vorstellen, interfraktionell mit der BfG zusammenzuarbeiten. Entsprechende Statements dazu finden sich in Artikeln der Sächsischen Zeitung vom Mai und Juni 2020. Zudem hätte eine Bündnisgrüne Dreierfraktion zur Folge gehabt, dass diese nicht mehr in beratenden Ausschüssen vertreten gewesen wären. Bündnis 90/Die Grünen hätten sich in ihrer politischen Arbeit folglich selbst beschnitten. Genauso verhielt es sich für die Stadträte von Motor Görlitz und Danilo Kuscher. Wäre das klug gewesen? Sicher nicht. Wir haben die einzig logische Konsequenz gezogen und gemeinsam die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gebildet.

Hass im Netz oder Ehrverletzung in der SZ

Unerträglich wird es, wenn Herr Beutler einen Schritt weitergeht und Motor Görlitz/Bündnisgrüne in einen Zusammenhang von Hass im Internet, B96-Demonstranten und abschließend sogar Terroristen, die den US-amerikanischen Kongress stürmen, bringt. Das ist ehrverletzend. Und es ist absurd, denn wir sind gewählte Mandatsträger:innen und befinden uns somit im “Kongress”, um im schrägen Bild Herrn Beutlers zu bleiben.

Wählerauftrag und Partnerschaft

Wir sind zur Wahl angetreten mit dem Versprechen, Entscheidungen mit der gebührlichen Transparenz zu treffen. Wir haben einen klaren Wählerauftrag, den wir ernst nehmen. Als Stadträt:innen treffen wir Entscheidungen zur Entwicklung unserer Stadt. Wir üben eine Kontrollfunktion aus. Das ist unser Recht – und unsere Pflicht; darauf haben wir einen Eid abgegeben, der als Wille zur Partnerschaft zu verstehen ist. Wir sind weder Erfüllungsgehilfen der Stadtverwaltung noch Verhinderer. Es ist der Raum dazwischen, den wir füllen möchten. Durch Transparenz, durch Fragen, in ehrlicher Partnerschaft, vor allem durch konstruktive Vorschläge, die wir stets unterbreiten und die oftmals dankbar angenommen werden. Das werden wir weiterhin so halten, auch wenn wir damit möglicherweise liebgewordene Routinen altgedienter Stadträte stören. Uns scheint, so falsch können wir mit unseren Ansprüchen an kommunalpolitische Arbeit nicht liegen. Wir fühlen uns bestärkt.

Unklarheiten bei der Kaufhaus-Planung

Bei der Planung zur Sanierung und Erweiterung des Kaufhauses gibt es offenbar widersprüchliche Informationen zur notwendigen Beteiligung der Öffentlichkeit. In der Stadtratssitzung am 17. Dezember hatte Danilo Kuscher von der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne darauf hingewiesen. Sowohl Bürgermeister Michael Wieler als auch der zuständige Amtsleiter Hartmut Wilke erklärten dort, dass es seit dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan am 30.8.2018 keine frühzeitige öffentliche Beteiligung gegeben habe. Grund sei die fehlende inhaltliche Reife der Planungen von Investor Stöcker. Erst wenn die Auslegung des Bebauungsplanes durch den Stadtrat beschlossen werde, könne die Öffentlichkeit beteiligt werden, so Wieler.

Nach Recherchen der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gab es entgegen der Aussagen von Bürgermeister und Amtsleiter allerdings bereits 2018 eine frühzeitige öffentliche Beteiligung. Sie erstreckte sich vom 24.10.2018 bis 9.11.2018. Entsprechend der Eintragung im Portal Bürgerbeteiligung Sachsen gab es keine Stellungnahmen. https://www.buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/goerlitz/beteiligung/themen/1010759. Damit setzte die Verwaltung offenbar doch den Beschluss des Stadtrates vom 30.8.2018 um, der mit der Aufstellung des Bebauungsplanes explizit auch eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit verlangte. Ohnehin ist dies nach Baugesetzbuch in Paragraf 3 Absatz 1 entsprechend festgelegt. Im Amtsblatt vom Oktober 2018 wurde entsprechend auf die Beteiligung hingewiesen. https://www.goerlitz.de/uploads/04-Aktuelles-Dokumente/Amtsblatt/Amtsblatt2018/Amtsblatt_10_2018.pdf

Danilo Kuscher (Motor Görlitz): „Unserer Fraktion erschließt sich nicht, warum dieser Fakt der Verwaltung nicht bekannt ist – schließlich handelt es sich aktuell um eines der zentralen Projekte in der Stadtentwicklung. Die Beteiligung der Öffentlichkeit stellt ein wesentliches Element in der Bauplanung dar. Das öffentliche Interesse ist spürbar gestiegen, nachdem die Erweiterung  der Planungen bekannt wurde. Es kursieren bereits Zeichnungen, wie das Areal nach dem Abriss und Neubau eines größeren Parkhauses und nach dem durch den Investor angestrebten Abriss der Häuser Postplatz 5/6 aussehen soll. Die Begründung von Bürgermeister Wieler, es gebe noch nichts, womit sich die Görlitzerinnen und Görlitzer inhaltlich beschäftigen könnten, ist nicht nachvollziehbar.“

Die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne hat heute zahlreiche Fragen an die Stadtverwaltung übermittelt, um aufzuklären, was es mit der Öffentlichkeitsbeteiligung von 2018 auf sich hat und warum sich niemand mehr daran erinnern kann. Danilo Kuscher: „Wir gehen davon aus, dass mit der Erweiterung des Bebauungsplanes eine neuerliche frühzeitige öffentliche Beteiligung erforderlich ist. Der Beschluss von 2018 gilt entsprechend fort. Wir haben es nun mit deutlich veränderten Planungen zu tun, die Auswirkungen auf weitere städtische Bereiche haben. Dementsprechend ist die Bevölkerung anzuhören und zwar so frühzeitig, dass noch eine Einflussnahme möglich ist.“

Damit widerspricht Motor Görlitz/Bündnisgrüne dem Bürgermeister Michael Wieler, der in der Stadtratssitzung erklärt hatte, dass es erst zu einer Beteiligung der Öffentlichkeit kommen könne, wenn der Bebauungsplan ausgelegt wird. Das ist viel zu spät und außerdem keine frühzeitige, sondern eine formale Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Fraktion ist nicht gegen das Kaufhaus-Vorhaben, aber um das Projekt nicht zu gefährden, müssen alle rechtlich notwendigen Schritte eingehalten werden, so Danilo Kuscher: „Das ist unsere Pflicht als Stadträte. Umso bedauerlicher, dass just in der Diskussion im Stadtrat zu aufgetretenen Unklarheiten die Fraktionen von AfD, CDU und Bürger für Görlitz die Debatte mit ihrer Mehrheit abbrachen.“

Foto: ubahnverleih, CC0, via Wikimedia Commons

 

Ausnahmeanträge für Gewerbetreibende

Gewerbetreibende in Görlitz können demnächst Ausnahmegenehmigungen beantragen, um in ausgewiesenen Bewohnerpark-Zonen ihr Firmenfahrzeug abstellen zu dürfen. Die Verwaltung reagierte damit auf eine Vorlage der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne, bevor diese überhaupt im Stadtrat beraten wurde. Fraktionsvorsitzender Mike Altmann:  „Die Verwaltung hat uns in einer E-Mail* kurz vor der Sitzung mitgeteilt, dass bereits an einem Antragsformular für die Erteilung von entsprechenden Ausnahmegenehmigungen gearbeitet wird. Dieses soll in Kürze auf der Homepage der Stadt Görlitz veröffentlicht werden. Der Antrag soll dann auch von Gewerbetreibenden in Härtefällen genutzt werden können.“ Damit ist das Ziel des Antrages erreicht, entsprechend nahm ihn die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne zu Beginn der gestrigen Stadtratssitzung von der Tagesordnung. „Die Görlitzer Gewerbetreibenden haben nun wie ihre Kollegen in vielen anderen Städten Deutschlands endlich die Möglichkeit, auf einfachem Weg ein Antragsformular zu finden. Am Ende trifft natürlich die Stadtverwaltung die Entscheidung und diese wird nur in besonderen Härtefällen positiv ausfallen, da die Gesetzeslage wenig Spielraum gibt“, so Mike Altmann.

Mit dem Beschlussantrag hatte Motor Görlitz/Bündnisgrüne einen Wunsch des Allgemeinen Unternehmerverbands aufgegriffen, der sich seit langem für Erleichterungen beim Parken für Gewerbetreibende einsetzt. Speziell in der Altstadt gibt es Bereiche, wo ausschließlich Anwohnerparken möglich ist.

 

*Die ausführliche Passage aus dem Schreiben des OB, die sich auf die Antragsmöglichkeit bezieht: „Vom zuständigen Fachamt wurde mitgeteilt, dass bereits an einem Antragsformular für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 46 Absatz 1 Nr. 11 StVO  für den ruhenden Verkehr mit entsprechenden Erläuterungen gearbeitet wird. Dieses soll ebenfalls auf der Homepage der Stadt Görlitz veröffentlicht werden. Der Antrag soll dann auch von Gewerbetreibenden in Härtefällen genutzt werden können. Wir streben eine zeitnahe Erledigung an. Unabhängig davon ändert sich an Rechtslage bei der Erteilung dieser Erlaubnisse nichts. Diese können gegenwärtig formlos beantragt werden. Bislang hat kein Gewerbetreibender einen solchen Antrag gestellt.“ 

 

Foto: 4028mdk09, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

 

Wie wichtig ist Bürgerbeteiligung für OB Ursu?

Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat über Änderungen in der Satzung zur Bürgerbeteiligung. In der Sächsischen Zeitung wurde dies durch die Rathausspitze als Erfolg vermarktet. Dort heißt es: „Der Stadtrat muss am kommenden Donnerstag die entsprechende Satzung ändern, dann sollen Bürger auch bei städtischen Projekten mitreden.“

Dazu sagte Dr. Jana Krauß, Fraktionsvorsitzende Motor Görlitz/Bündnisgrüne:

Die in der SZ zu lesende Begründung zur Satzungsänderung ist irreführend. Dass die Görlitzerinnen und Görlitzer bei geplanten Vorhaben mitreden sollen, wurde bereits vor fünf Jahren vom Stadtrat per Beschluss festgelegt. Allerdings setzt die Verwaltung diesen Beschluss nicht um. Wir mussten zuletzt darauf drängen, dass regelmäßig eine Liste geplanter Vorhaben veröffentlicht wird, damit die Stadtgesellschaft überhaupt weiß, worüber sie mitbestimmen kann.

Unsere Fraktion sieht den Umgang des Rathauses mit der Bürgerbeteiligung kritisch. Teile der nun vorgeschlagenen Satzungsänderung nehmen der Bürgerschaft Instrumente aus der Hand, die künftig beim Oberbürgermeister gebündelt werden sollen. Unsere Kritikpunkte sind konkret:

  1. Die Vorlage zur Satzungsänderung wurde im Ausschuss Kultur, Bildung, Soziales und Migration ausführlich diskutiert. Die erarbeiteten Vorschläge und Anmerkungen aus der Ausschussarbeit sind nicht in der Beschlussvorlage aufgeführt. Ja, es fehlt jeglicher Hinweis, dass der Ausschuss beteiligt war. Unsere Fraktion hat darauf im Verwaltungsausschuss hingewiesen. Es gab und gibt aber keinerlei Entgegenkommen des Oberbürgermeisters. Wie soll man einem OB Bürgerbeteiligung anvertrauen, wenn er selbst die Ausschussarbeit von Stadträten und sachkundigen Bürgern nicht ernst nimmt?
  2. Laut bisheriger Satzung war die Gestaltung eines solchen vorhabenbezogenen Beteiligungsverfahrens klar geregelt – durch die Möglichkeit, einen Koordinationsbeirat unter starker Beteiligung der Bürgerschaft zu bestellen und durch präzise Anforderungen an die Erstellung eines Beteiligungskonzepts sowie die Durchführung des Beteiligungsverfahrens. Zukünftig möchte der Oberbürgermeister diese Arbeit allein machen, unter Hinzuziehung der Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung. Begründet wurden uns diese Veränderungen mit Bürokratieabbau. Wie kann aber etwas abgebaut werden, das bisher noch nie umgesetzt wurde, also nie zu „Bürokratie“ führte? Weshalb sollten wir uns ausgefeilten und detaillierten Formulierungen der bisherigen Satzung entledigen, die doch einen guten Grund haben: Sie basieren auf Erfahrungen aus Beteiligungsverfahren anderer Städte, sie regeln die Beteiligung derjenigen, um deren Belange es geht: die der Bürgerinnen und Bürger.
  3. Die bisherige Stütze der Bürgerbeteiligung in Görlitz heißt Silke Baenisch. Sie ist von Beginn an die Koordinatorin für Bürgerbeteiligung im Rathaus. Nun hört sie auf, verlässt die Stadtverwaltung. Ein schwerer Verlust, der schnell kompensiert werden muss. Es gibt bisher aber keine Ausschreibung der Stelle. Sieht so die Verbesserung von Bürgerbeteiligung aus? Wir haben große Zweifel und große Sorgen, dass die erfolgreiche Arbeit der Deinege-Jahre nunmehr aufs Spiel gesetzt wird.

 

Foto (Paul Glaser): Bürgerbeteiligung der Stadtbewegung Motor Görlitz e.V. zur Zukunft des Helenenbades.

Foto: Nostromo

Soll Nostromo leise sterben?

Stellungnahme zur Beschlussvorlage: „Zukünftiger Standort Berufsfeuerwehr“ 

Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat über eine Vorlage mit dem Titel „Zukünftiger Standort Berufsfeuerwehr“. Es soll „grundsätzlich für den Bau der Berufsfeuerwehr als Ankerprojekt eines regionalen Zivilschutzzentrums auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofs“ gestimmt werden. Der OB erhielte mit dem Beschluss den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen und Gespräche mit dem Eigentümer und möglichen Beteiligten zu führen. Nicht als Gesprächspartner aufgeführt ist der Schall und Rauch e.V. als Träger des Kulturzentrums Nostromo. Das ist nicht nachvollziehbar – soll doch der Tanzclub einem möglichen Zivilschutzzentrum weichen.

Bereits im Sommer verdichteten sich im Technischen Ausschuss (nichtöffentlich) die Informationen, dass das Schlachthofgelände favorisiert wird für den Neubau der Berufsfeuerwehr. Daraufhin erkundigten wir uns bei der Stadtverwaltung, ob und in welcher Form das auf dem Gelände bestehende Kulturzentrum Nostromo in die Überlegungen einbezogen wird.

Anfrage an Stadtverwaltung von Mike Altmann, 29.7.2020

„Im Technischen Ausschuss am 24.6.2020 wurden wir über Planungen zum künftigen Standort der Berufsfeuerwehr informiert. Dieser soll nach aktuellem Stand auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes entstehen. In diesem Zusammenhang wurde erläutert, dass in diesem Fall das auf dem Gelände befindliche Nostromo keine Zukunft habe. Über soziale Netzwerke ist nun zu verfolgen, dass das Nostromo eine Spendensammlung über Startnext gestartet hat (https://www.startnext.com/nostromo-goerlitz-support).

Vom Erlös sollen Corona-bedingte Ausfälle kompensiert werden. In der Begründung heißt es: „Mit dem Geld können wir die Kosten decken, bis wir hoffentlich wieder Veranstaltungen durchführen können. Jeder zusätzliche Euro fließt in den Erhalt und Umbau des Clubs oder dient des Bookings zukünftiger Künstler.“ Daraus lese ich, dass die Nostromo-Betreiber auch in die künftige Entwicklung ihres Clubs investieren wollen.

Frage: In welcher Form wurde/wird der ehrenamtlich arbeitende Trägerverein des Nostromo (Schall und Rauch e.V.) durch die Stadtverwaltung in die Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung des Areals „Schlachthof“ einbezogen?“

Antwort Bürgermeister Dr. Michael Wieler, 2.8.2020

„Im Technischen Ausschuss wurden meinerseits noch keine Planungen vorgetragen, sondern darüber informiert, dass wir aktuell drei mögliche Standorte für die Berufsfeuerwehr untersuchen: 1. Den aktuellen, historischen, 2. das ehemalige „Autohaus Roscher“ an der Reichenbacher Straße, 3. das Schlachthofgelände. Zu letzterem habe ich als persönliche Einschätzung gesagt, dass sich das Nostromo mit der Nutzung als Standort für Feuerwehr und Katastrophenschutz m.E. nicht verträgt. Wir streben an, dem Stadtrat im Oktober eine Entscheidungsvorlage zu den drei Standorten vorzulegen. Nach der Entscheidung könnten dann Gespräche mit dem Nostromo geführt werden. Der Vorlauf bis zu einem möglichen Bau muss auf mindestens drei Jahre eingeschätzt werden, wahrscheinlich länger (Klärung der Finanzierung, komplizierte Baufeldberäumung etc.), so dass für das Nostromo in aller Ruhe eine Alternative gefunden werden könnte, bspw. auf dem nahegelegenen Gelände des Logistikers Borrmann oder an anderer Stelle.“

Wir stellen fest: Aus der persönlichen Einschätzung des Bürgermeisters wurde nun eine Vorlage, mit der der Stadtrat den grundsätzlichen Beschluss fassen soll: Entwicklung des Schlachthofgeländes (unter Ausschluss des Nostromo) zu einem Zivilschutzzentrum mit Neubau Berufsfeuerwehr. Im Vortrag heißt es: „Rückzubauen ist in jedem Falle das momentan durch das Nostromo genutzte Gebäude, auf dessen Grundfläche der Kopfbau der Berufsfeuerwehr mit den für den ersten Abmarsch erforderlichen Stellplätzen entstehen könnte.“

Wir stellen weiterhin fest, dass die Beschlussvorlage eingereicht wird, ohne dass zuvor mit dem Trägerverein des Nostromo gesprochen wurde. Dies zeugt von mangelnder Wertschätzung gegenüber der freien Szene.

Es wird in der Beschlussvorlage suggeriert, am Sitz Krölstraße könne die Berufsfeuerwehr nicht zukunftsfest entwickelt werden. Möglicherweise ist an diesem Traditionsstandort nicht das Optimum möglich. Aber aktuell ist genau zu prüfen, für welche Größenordnung von Projekten überhaupt Eigenmittel zur Verfügung stehen. Ohne finanzielle Gegenüberstellung der Optionen Krölstraße und Schlachthofgelände ist keine fundierte Grundsatzentscheidung möglich. In die Betrachtung ist in jedem Fall das bestehende Kulturzentrum Nostromo einzubeziehen. Es darf nicht sein, dass man als Stadt über die Köpfe von ehrenamtlich Engagierten hinweg über deren Betätigungsfeld verfügt. Unsere Fraktion wird einen entsprechenden Änderungsantrag stellen. Wir wollen eine Untersuchung zur Projektidee auf dem Schlachthofgelände nicht verhindern. Ein Grundsatzbeschluss kann jedoch erst nach Gegenüberstellung der Investitions- und Betriebskosten mit dem bisherigen Standort Krölstraße sowie einer Klärung der Zukunft des Nostromo erfolgen.

Foto: Nostromo

SAEK erhalten und weiterentwickeln

Der Görlitzer Standort des Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanals (SAEK) ist in Gefahr. Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hat angekündigt, dass die Verträge mit den Betreibern der SAEK nicht verlängert werden. Somit müsste der SAEK, wie alle anderen Standorte in Sachsen, zum 30. Juni 2021 aufgrund fehlender Finanzierung schließen. Die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne unterstützt die Bemühungen zum Erhalt des SAEK-Standortes in Görlitz. Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Mike Altmann:

1997 durfte ich mich am Aufbau des ersten SAEK-Standortes in Görlitz beteiligen, damals auf dem Wilhelmsplatz neben dem Gymnasium. In den vergangenen Jahren habe ich die Arbeit des SAEK intensiv verfolgt. Es ist eine Institution geworden in der Medienkompetenzbildung. Die nun beabsichtigte Zerschlagung des SAEK durch den Medienrat der Sächsischen Landesmedienanstalt, ist vielleicht aus Sicht der Juristen sinnvoll, die in diesem Gremium die Mehrheit stellen. Die Leute, die etwas von Medienpädagogik verstehen, sehen das komplett anders und haben einen offenen Brief des Medienpädagogik e.V. Leipzig unterzeichnet. Ich hoffe, dass sich die Fachkompetenz noch durchsetzt.

Warum braucht Görlitz den SAEK? Der SAEK ist ein Anker für die Vermittlung von Medienkompetenz in der gesamten Region. Zahlreiche Vereine, Initiativen und Schulen nutzen die Angebote. Man ist nicht nur stationär aktiv, sondern hat Angebote in der Fläche geschaffen. Auch die vom Medienrat angestrebte Neuausrichtung auf die erwachsene Zielgruppe ist hier bereits auf gutem Weg. Im Jahr 2019 nutzten allein im SAEK Görlitz knapp 2000, mehrheitlich erwachsene Menschen, rund 100 Angebote. Seit 1997 haben sich Strukturen, Kompetenzen und Netzwerke entwickelt, die man nicht einfach wegrationalisieren kann.

Wir unterstützen deshalb die Stadtverwaltung Görlitz, sich für den Erhalt des SAEK-Standortes einzusetzen. Gleichzeitig fordern wir die im Landtag vertretenen Parteien auf, ihren Einfluss geltend zu machen für eine zukunftsfähige Medienbildung im Landkreis Görlitz. Soweit uns bekannt ist, gibt es bislang kein Konzept, was dem SAEK folgen soll. Niemand hat etwas gegen eine Weiterentwicklung von bestehenden Strukturen und Angeboten. Ohne Plan sollte etwas Funktionierendes aber nicht zerstört werden.

Als gutes Zeichen sehen wir, dass sich die Versammlung der SLM auf eine Sondersitzung im Januar zu diesem Thema verständigt hat, bevor sie dem Medienrat eine Empfehlung ausspricht. Unsere Fraktion hofft ebenso wie der Medienpädagogik e.V. darauf, dass die erfolgreichen und etablierten Strukturen der SAEK nicht zerschlagen, sondern weiterentwickelt werden. Dies braucht Zeit, denn es sollte auf breiter gesellschaftlicher und politischer Basis diskutiert werden. Natürlich unter Einbindung von Expertinnen und Experten aus der Medienbildung. Bis zum Abschluss einer solchen Weiterentwicklung sollten die SAEK für eine Übergangszeit den jetzigen Betrieb fortsetzen dürfen und nicht wie geplant Ende Juni 2021 die Türen für immer abschließen müssen.

 

Offener Brief des Medienpädagogik e.V: https://medienpaedagogik-leipzig.de/wp-content/uploads/2020/11/Offener-Brief-an-SLM-mit-Unterzeichnern_Endversion.pdf

Foto: birnbaum media.lab / Paul Glaser

Zukunft des Helenenbades weiter offen

Im Juli hatte unsere Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne beantragt, dass dem Stadtrat verschiedene Varianten für den Weiterbetrieb des Helenenbades vorgestellt werden. Vorausgegangen war eine Pressemeldung, wonach die städtische Wohnungsbaugesellschaft Kommwohnen Service GmbH die Betreibung des Helenenbads vom Verein Arbeitsmarkt und Regionalentwicklung – AUR e.V. ab 2021 übernimmt, da dieser seine Auflösung angekündigt hatte.

Für uns war es der richtige Zeitpunkt, generell zu überlegen, wie die Zukunft des Helenenbads langfristig aussehen soll. Dafür wurden wir im Stadtrat kritisiert, die lokale Tageszeitung warf uns politische Geltungssucht vor. Durch den Vortrag der Verwaltung am 26. November 2020 im Stadtrat ist klar geworden, dass der Antrag berechtigt war – denn die Zukunft des Helenenbades ist weiterhin offen. Klar ist nur, dass es auch in Zukunft nicht ohne Zuschüsse geht. Eine Revitalisierung als Freibad scheint angesichts der Investitionskosten von bis zu 3,7 Millionen Euro nicht realistisch, gerade mit Blick auf unseren Haushalt, dem zuletzt jegliche Eigenmittel für so wichtige Vorhaben wie Kita-Neubau in der Südstadt, Schulsanierung in Königshufen und Neubau der Freiwilligen Feuerwehr Innenstadt fehlten. Dennoch sollten wir das Ziel eines Freibades nicht komplett aus den Augen verlieren. Die Standortfrage ist dabei offen zu diskutieren. Natürlich macht es Sinn, sich eine Erweiterung des Neißebades um einen Freibadkomplex näher anzuschauen.

Was das Helenenbad angeht, liegen uns nun alternative Konzepte vor. Kommwohnen würde die Kinderbadelandschaft perspektivisch an den Berzdorfer See verlegen und das Areal multifunktional entwickeln, u.a. mit einem Erholungswald, Trimm-dich-Pfad und Ballsportfläche im ehemaligen Schwimmbecken. In eine ähnliche Richtung zielt ein Vorschlag der Chancenwerkstatt gUG Markersdorf, die zusätzlich ein Schullandheim in Form eines Zeltlagers aufbauen will. Angestrebt wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, damit junge Arbeitslose über Qualifizierungsmodelle im Helenenbad praktisch tätig werden können. Wurde im Sommer noch der Coup mit Kommwohnen als neuem Betreiber in der Öffentlichkeit gefeiert, stellt sich nun heraus, dass die Umsetzung kompliziert wird. Kommwohnen kann nicht so einfach als GmbH das Anlagevermögen des gemeinnützigen AUR e.V. übernehmen. Deshalb wird nun von der Stadtverwaltung der Vorschlag der ebenfalls gemeinnützigen Chancenwerkstatt favorisiert.  Die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne schlägt folgendes weiteres Vorgehen vor:

  1. Die Fraktionen sollten sich im Rahmen der Haushaltsdebatte verständigen, welche Zukunft das Helenenbad bekommt. Schnellschüsse mit Blick auf die beginnende Saison im Mai sind zu vermeiden.
  2. Wir brauchen zuvor Klarheit, welche Knackpunkte bei der Suche eines neuen Betreibers zu beachten sind, insbesondere mit Blick auf das Anlagevermögen.
  3. Es braucht danach ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren, da wir nicht einfach die Betreibung mit Jahreszuschüssen im mindestens fünfstelligen Bereich an einen Träger frei vergeben können. Somit können sich neben der Chancenwerkstatt noch weitere Vereine und Initiativen mit guten Ideen bewerben.