Verkehrs-Bilanz (Teil 1): Busse und Bahnen
Unsere Stadträte Dr. Jana Krauß und Danilo Kuscher bieten eine ungewohnte Perspektive: Im ältesten Kreisverkehr der Welt berichten sie über die Ergebnisse zum Thema Öffentlicher Nahverkehr in Görlitz.
Unsere Stadträte Dr. Jana Krauß und Danilo Kuscher bieten eine ungewohnte Perspektive: Im ältesten Kreisverkehr der Welt berichten sie über die Ergebnisse zum Thema Öffentlicher Nahverkehr in Görlitz.
Wieder zu Hause. Nach zwei Jahren ausgelagertem Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne die erste Sitzung im Ratssaal. Fühlt es sich anders an? Ja. Es ist deutlich enger, man hat keinen Einzeltisch, es gibt mehr Unruhe und – ganz wichtig – mit einem Zwischenruf kommst du locker ans andere Ende des Saals. Zum Einsatz kommen nun endlich auch die neuen Stühle, die bereits 2020 angeschafft wurden.
Los geht es wie immer mit Informationen des Oberbürgermeisters, der auch im Ratssaal Octavian Ursu heißt und auf einem Podium mit seinem Bürgermeister Benedikt Hummel vor uns sitzt. Die Fraktionen hocken wie in grauen Vorzeiten in Reihe. So hatte es sich eine Mehrheit gewünscht – OB Ursu wollte es eigentlich vermeiden. Unsere Fraktion hat emotionslos dem Mehrheitswunsch zugestimmt. Wir hatten vor der Pandemie eine moderne Sitzform im Kreis erprobt, aber da war es ehrlich gesagt ziemlich eng und die Arbeit wurde auch nicht progressiver. Insofern passt die Sitzordnung zum Gremium der Legislatur 19-24.
Vorgestellt wird der Zeitplan für den Umbau des oberen Elisabethplatzes. Im Februar sollen die alten Bäume gefällt werden. Für Juni ist der Baubeginn vorgesehen, spätestens im August ziehen die Händler auf den unteren Teil um (wie von ihnen gewünscht). Im März nächsten Jahres kommen neue Bäume auf den Platz. Wenn alles ruckelfrei abläuft, feiern wir im Juli 2024 die Wiedereröffnung.
Zur Schließung der Kulturbrauerei sagt der OB ein paar Worte. Er bedauert es und hofft auf eine andere Entscheidung der Unternehmensführung von Landskron, denn: „Wir brauchen diesen Ort.“
Viele Fragen gibt es derzeit zur Neuerhebung der Grundsteuer. Der OB verweist auf Informationen auf der Görlitz-Seite: https://www.goerlitz.de/aemter/anliegen/165-Informationen-zur-Grundsteuerreform
Octavian Ursu geht davon aus, dass es durch die Grundsteuerreform Gewinner und Verlierer geben wird. Allerdings gilt der neue Grundsteuerwert erst ab 2025.
Keine Fragen gibt es diesmal von Einwohnern. Deshalb übernehmen direkt die Stadträte.
Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert erkundigt sich nach den Ausbauplänen für E-Ladesäulen. Sie bemängelt, dass die Kapazitäten wegen der vielen E-Mobile in Görlitz (auch durch Touristen) langsam knapp werden. Zumal Ladesäulen immer wieder defekt sind.
Stadtplaner Hartmut Wilke hat eine alte Platte dabei. Sie spielt das Lied „Die Stadt errichtet gar keine Ladesäulen selbst, das machen private Anbieter.“ Schubidu. Das ist bekannt. Kristina möchte es ein bisschen konkreter. Herr Wilke bleibt reserviert. Die Stadt versuche Möglichkeiten zu schaffen, es sei ein kontinuierlicher Prozess. Ob es dieses Jahr neue Ladesäulen gibt, ist ihm nicht bekannt.
Es bleibt zäh. Kristina möchte wissen, wie es mit der Re-Auditierung „Familiengerechte Kommune“ und dem Familienbericht vorangeht. Weil unsere Fraktion diese wichtige Arbeit nicht torpedieren wollte, hatten wir im Dezember 2021 (!) einen Antrag zurückgezogen, mit dem wir Görlitz als „Kindergerechte Kommune“ etablieren wollten. Nun erfahren wir, dass wohl noch gar nicht mit dem Familienbericht begonnen wurde. Schlimmer noch: Derzeit kann niemand sagen, wer ihn erstellt und wie es mit den Finanzen dafür aussieht. Immerhin gibt es eine Arbeitsgruppe. Sie hat sich seit der Gründung im September aber noch nicht getroffen. Nennen wir sie also Gruppe, denn gearbeitet wird bislang nicht. Das ist umso bitterer als laut Zielvereinbarung bereits im Jahr 2015 eine Familienberichterstattung und die Fortschreibung im Jahr 2019 hätte erfolgen sollen.
Im Anschluss beklagt Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) Lehrermangel und Stundenausfall seiner Kinder am Gymnasium Anne-Augustum. Er fragt, ob es eine Übersicht über Stundenausfall gibt und was konkret dagegen unternommen wird. Ich würde ihm gern antworten: „Lieber Dr. Gottschalk, im März 2022 haben wir beantragt, dass eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen erarbeitet wird und Görlitz eine interkommunale Arbeitsgruppe initiiert, die sich dem Thema widmet. Deine BfG-Fraktion hat uns damals erklärt, dass die Stadt Görlitz nicht zuständig ist und es genug Akteure gibt, die sich um den Lehrermangel kümmern.“ Mache ich aber nicht und so bekommt Herr Gottschalk vom OB eine 0815-Antwort: „Die Situation ist bekannt. Es wird alles versucht, etwas zu verbessern, zum Beispiel durch Ausbildung von Lehrkräften vor Ort. Zuletzt gab es ein Treffen mit dem Kreiselternrat.“
AfD-Stadtrat Torsten Koschinka möchte wissen, ob sich seit unserem Besuch im „Speisesaal“ des Gymnasiums Anne Augustum schon etwas getan hat. Der Schülerrat hatte uns im Herbst eingeladen, um vor Ort festzustellen, dass die Bedingungen nicht optimal sind (zu laut, ungemütlich, fehlende Küchenstrecke). Dass es in der kurzen Zeit seit unserem Besuch am 9. November noch keine Lösung gibt, enttäuscht höchstens einen Berufsoptimisten. Zählte Torsten Koschinka zu dieser Spezies, säße er nicht auf dem AfD-Dach im Stadtrat. Insofern dürfen wir von einem populistischen Beitrag ausgehen. Bürgermeister Hummel muss dennoch darauf sachlich antworten: Sobald es konkrete Ideen gibt, werden sie im Technischen Ausschuss vorgestellt und Schülerinnen und Schüler des Anne Augustum dazu eingeladen. Möglicherweise schon in der übernächsten Sitzung.
Mirko Schulze von der Linken erkundigt sich nach den Auswirkungen der haushaltslosen Zeit. (Wir schreiben 2023 haben aber keinen beschlossenen Etat für die Jahre 23/24.) Für die Verwaltung keine neue Situation. Finanzchefin Birgit Peschel-Martin erklärt, „das kennen wir seit 30 Jahren.“ Das Rathaus geht nach Gemeindeordnung vor und verteilt die Zuschüsse an Eigenbetriebe und Projektträger monatlich mit einem Zwölftel das Jahresbudgets von 2022. So sollten alle arbeitsfähig bleiben. Mir bleibt unklar, wie man sich in Sachsen damit abgefunden hat, dass der Freistaat so spät seinen Etat beschließt, wodurch Landkreise und Kommunen in erheblichen Verzug geraten. Denn ohne Eckdaten des Freistaates lässt sich kein verbindlicher Haushaltsplan aufstellen.
Gerald Rosal, nachgerückter AfD-Stadtrat und heimlicher Sitzungsliebling aufgrund ungewollten komödiantischen Talents, erkundigt sich nach dem Mietspiegel. Görlitz besitzt sowas tatsächlich nicht. Hartmut Wilke vom Stadtplanungsamt schiebt aber den farbigen Peter weiter nach Dresden. Ende 2022 sollen alle Kommunen einen Mietspiegel haben, aber das Gesetz verabschiedete der Landtag erst im Dezember 2022. Die Verwaltung prüft nun, wie sie mit dieser Situation umgeht. (Ich hoffe, sie entscheidet sich, den Mietspiegel in Angriff zu nehmen.)
Ich gebe eine Anfrage des Bürgerrats Südstadt weiter: Auf der Kunnerwitzer Straße mangelt es wohl an Parkplätzen. Pendler und Landratsamtsmitarbeiter nutzen die kostenfreien Stellflächen in Bahnhofsnähe. Gewünscht wird eine Überprüfung, ob man Anwohnerparkplätze einrichten kann. Die Verwaltung sagt das zu. Was viele nicht wissen: Maßnahmen, die in den Verkehr eingreifen, kann der Stadtrat nicht beschließen. Immer nur anregen. Entschieden wird es von zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Bei einigen Fragen wirkt auch die Polizei mit. Etwa bei Fußgängerüberwegen. Einen solchen fordert Jens Jäschke (AfD, fraktionslos) an der Promenadenstraße auf Höhe Netto-Markt. Bürgermeister Hummel bittet um Geduld. Da die Haltestellen in den kommenden Jahren modernisiert werden, könnte man beide Maßnahmen in einem Aufwasch erledigen.
Das ist der perfekte Übergang zum Bericht des Geschäftsführers der Görlitzer Verkehrsbetriebe, André Wendler. Im Mittelpunkt stehen die Pläne für moderne Straßenbahnen und Infrastruktur. Finanziert über die Kohlemillionen gab es daran aus der Region Kritik. Nicht zu Unrecht wurde moniert, dass die Stadt Görlitz in den letzten 20 Jahren kaum in den ÖPNV investiert hat. Allerdings wird in der Debatte meist unterschlagen, dass es nicht nur um acht neue Niederflurstraßenbahnen geht. Görlitz verfolgt mit seinem Projekt das Ziel, ÖPNV-Modellstadt zu werden. Sichtbare Ergebnisse wird es ab 2025 geben, wenn die erste Bahn geliefert wird. Parallel entstehen barrierefreie, smarte Haltestellen. Gleise und Energieversorgung werden erneuert, ebenso der Betriebshof. Innovative Kerne des Projekts sind die Erprobung einer mit Wasserstoff betriebenen Tram und autonome Strecken für kleine Quartiere, also der Betrieb ohne Straßenbahnfahrer. Die Zukunftsmusik kommt näher. Für mich klingt sie gut.
Große Veränderungen sind an den zentralen ÖPNV-Knoten Demianiplatz und Bahnhof Südausgang geplant. Das ist auch dringend nötig. Die aktuelle Situation am Demi mit Bussen, Bahnen, PKW und LKW ist eine einzige Unfallgefahr und für diesen zentralen Bereich untragbar. Wer soll sich hier mit einem Geschäft ansiedeln? Wer will dort wohnen?
Positiv gestartet ist nach Aussagen von GVB-Chef Wendler die grenzüberschreitende Buslinie A nach Zgorzelec. Bislang konnten über 1100 Europastadt-Tickets verkauft werden. Die Resonanz sei gut, das gemeinsame Europastadt-Netz freilich ausbaufähig.
Damit kommen wir zur Beschlussfassung.
Keine Umsatzsteuer für städtische Leistungen
Görlitz nutzt im Gegensatz zu anderen Städten wie Zittau oder Bautzen eine Übergangsregelung zur Einführung der Umsatzsteuer für bestimmte Leistungen. Damit bleibt es bis Ende 2024 dabei, dass man z.B. als Verein keine Mehrwertsteuer von 19% zahlen muss, wenn man Sportstätten oder andere Räumlichkeiten nutzt. Eine gute Entscheidung im Sinne der Bürgerschaft.
Einrichtung der 5. Oberschule zum Schuljahresbeginn 2026/2027
Das ist ein formeller Beschluss. Brauchen wir für einen aktuellen Förderantrag. Der bisherige Zeitplan sah eine Schuleröffnung 2024 vor – illusorisch. Selbst das neue Ziel ist sportlich. Auch wenn es derzeit sehr still in der Öffentlichkeit ist – es gibt zahlreiche intensive Gespräche und inhaltliche Überlegungen auf allen Ebenen. Auch zu der vom BfG-Vorsitzenden Michael Wieler vorgeschlagenen Gesamtschule.
Neubesetzung Stiftungsrat Veolia-Stiftung
Für den aus dem Stadtrat ausgeschiedenen Gerd Weise schickt die CDU Matthias Urban ins Gremium. Das wird bestätigt. Gearbeitet hat der Stiftungsrat für mich im letzten Jahr nicht. Ich bitte aus Anlass der Wahl um einen kurzen Bericht. Es ist aber niemand im Saal, der das beantworten kann. Ich hoffe, das wird nachgeholt. Schließlich wackelte die Veolia-Stiftung bedenklich, die Mehrheit des Stadtrates wollte diesen Förderer der Basiskultur gar opfern. Rechtlich war es zum Glück nicht umsetzbar. In der Veolia-Stiftung steckt städtisches Vermögen aus dem im Rückblick bedauerlichen Stadtwerke-Verkauf.
Instrumente und Handlungsoptionen für die städtebauliche und architektonische Begleitung und Umsetzung von Neu- und Umbauvorhaben (CDU-Antrag)
Die Christdemokraten wollen mit ihrem Antrag Bauherren und -frauen unterstützen. Entstehen soll eine Art Leitfaden und Instrumentenkasten, der folgende Fragen thematisiert:
Alles Dinge, die man in einer Gestaltungssatzung lösen kann, argumentiert Mirko Schultze von den Linken. Eine entsprechende Änderung beantragt er, um Einzelfallentscheidungen zu vermeiden, der Verwaltung und Investoren Rechtssicherheit zu geben. Bau-Bürgermeister Hummel widerspricht: Eine Gestaltungssatzung würde zu kurz springen, es geht um größere städtebauliche Fragen. Der Änderungsantrag wird von uns unterstützt. Die CDU-Vorlage ist uns zu schwammig, sie hat kein Zieldatum, bis wann die „Instrumente und Handlungsoptionen“ denn vorliegen sollen. Nach einem entsprechenden Hinweis meiner Kollegin Dr. Jana Krauß ergänzt das die CDU (in Abstimmung mit ihrem OB). Bis Jahresende hat die Verwaltung Zeit.
Der Antrag der Linken scheitert, wie auch eine gewünschte Ergänzung unserer Fraktion. Danilo Kuscher schlägt vor, dass die „graue Energie“ bei erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz ebenfalls betrachtet wird. Es erfolgt von AfD-Seiten das übliche Argumentieren im Niedrigwasser. Die Verwaltung (und die einreichende CDU) wiederum vertreten die Auffassung, dass das Thema „graue Energie“ durch den Antrag bereits mit abgedeckt sei. Das sehen auch BfG und AfD so. Der Antrag der CDU wird schließlich unverändert und mit großer Mehrheit angenommen. Unsere Fraktion enthält sich der Stimme. Wir begrüßen das Ziel, finden aber den Weg nicht konsequent.
Sportplatz „Am Hirschwinkel“ bleibt gesperrt
Letzter Tagesordnungspunkt ist unser Antrag „Freizeitsportanlage am Hirschwinkel wieder öffnen“. Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Wie kommt eigentlich eine Vorlage in den Stadtrat? Man braucht eine Fraktion oder ein Fünftel des Stadtrates, um eine Beschlussvorlage einzureichen. Behandelt wird sie frühestens „in der nächsten Sitzung des Stadtrates.“ Bedeutet in diesem Fall: Wir mussten den Antrag zum Sportplatz Hirschwinkel eine Woche vor der Dezember-Sitzung stellen, damit sie im Januar behandelt wird. Das hängt damit zusammen, dass die Vorlagen in Ausschüssen vorberaten werden. Man kann nicht einfach von heute auf morgen einen Antrag stellen. Unsere Vorlage wurde im Sportausschuss und Technischem Ausschuss vorberaten. Die Sitzungen sind nichtöffentlich, deshalb kann ich daraus nicht berichten. Sagen wir mal so: Einen inhaltlichen Änderungsvorschlag nahmen wir nicht mit aus den Sitzungen. Umso überraschter sind wir, als wir zehn Minuten vor Sitzungsbeginn auf unseren Tischen einen Änderungsantrag der Fraktion Bürger für Görlitz finden. Genaugenommen ist es kein Antrag auf Änderung. Das Papier erinnert an Troja. Ein Antrag, der Sofortmaßnahmen für den Sportplatz fordert, soll dadurch geändert werden, dass man die Sperrung des Fußball- und Basketballfeldes zementiert. Da komme ich mir veralbert vor. Zumal sich die BfG vorab nicht mit uns abgestimmt haben. Zeit war zu knapp? Zumindest hat sie gereicht, um einen Antrag in den Rechner zu tippen und ihn in der Stadtratssitzung verteilen zu lassen.
Kollege Karsten Günther-Töpert fragt am Tag nach der Sitzung auf Facebook, ob wir denn unseren Antrag verändert hätten, wenn die BfG uns vorab einbezogen hätte. Zunächst ist das eine merkwürdige Einstellung. Ich mache nicht zur Bedingung, dass eine Fraktion meine Änderungswünsche übernimmt, damit ich ihr die Gelegenheit, sich vorab damit zu beschäftigen. Zumindest, wenn es wie hier gravierende Änderungswünsche sind. Zurück zur Frage von KGT: Nein, hätten wir nicht. Die Verwaltung braucht keinen Beschluss, um die Sperrung für den Skatepark aufzuheben (schließlich hat sie auch ohne Beschluss abgesperrt). Auch an Rasen zum Ballspielen mangelt es nicht in der Ecke (z.B. Uferpark). Was fehlt, sind Basketballplätze. Einen Beschluss braucht das Rathaus auch nicht, um Varianten für die Wiederinbetriebnahme zu erarbeiten. Das muss vor der Haushaltsdiskussion ohnehin erfolgen. Insofern: Nein, wir hätten unsere Vorlage nicht für die BfG-Punkte mit einem völlig anderen Charakter versehen.
Die Debatte selbst verläuft spannend, wir zahlen viel Lehrgeld. Für eine schnellstmögliche Reparatur wollen wir 75.000 Euro als Vorgriff auf den Haushalt 2023/24 beschließen lassen. In der Diskussion wird klar, dass es keine Zustimmung der Mehrheit aus AfD, CDU und Bürger für Görlitz geben wird. Außerdem erklärt Oberbürgermeister Ursu, dass er einen solchen Beschluss für rechtswidrig halte. Da Görlitz noch keinen Haushalt beschlossen hat, darf nach sächsischer Gemeindeordnung kein neues Projekt begonnen werden, wenn es nicht „unabwendbar“ ist. Unsere Fraktion hat dazu eine andere Auffassung. Die Sanierung des Sportplatzes Hirschwinkel war bereits im Haushalt 2021/22 geplant, es gab sogar einen Fördermittelantrag. Insofern kann man kaum von einer neuen Maßnahme sprechen.
Die Sportanlage an der Neiße gehört zu den größten und beliebtesten in Görlitz. 2021 musste das Fußball- und Basketballfeld gesperrt werden, da sich der Boden an einigen Stellen löste und die Verwaltung eine Unfallgefahr sah. Die kleine Skateanlage war weiterhin geöffnet. Im März 2022 erfolgte eine komplette Sperrung, wegen Vandalismus. Im Mai 2022 gab es die nächste Eskalationsstufe: Das Rathaus ließ die Basketballkörbe abbauen.
Da eine schnellstmögliche Öffnung der beste Schutz vor Vandalismus ist, ging Motor Görlitz/Bündnisgrüne in die Offensive. In Gesprächen mit Fachleuten wurde durch unseren Technikexperten Danilo Kuscher auch eine gute Alternative zum bisherigen Tartan identifiziert. Wir sollten Ballspielplatten verlegen, wie sie zum Beispiel auch das Jugendhaus Wartburg verwendet. Das Produkt ist im Vergleich zu Tartan kostengünstig, leicht zu verlegen und lange haltbar.
Zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung darüber kommt es nicht. In einer Sitzungspause erläuterte mir die Finanzchefin Birgit Peschel-Martin, dass ohne beschlossenen Haushalt keine Ballspielplatten angeschafft werden dürfen. Daraufhin ziehen wir die Vorlage zurück. Wir hätten sie früher einreichen müssen, damit sie noch im Haushaltsjahr 2022 behandelt wird. Da fehlt es uns an Erfahrung. Bedauerlich für alle Kinder, Jugendlichen und Familien, die sich weiter gedulden müssen. Wir werden nun die anderen Fraktionen beim Wort nehmen, die ihre generelle Unterstützung für die schnelle Wiedereröffnung signalisiert haben. Die Verwaltung wird sich mit unterschiedlichen Varianten beschäftigen, damit wir vor dem Haushaltsbeschluss im Juni eine Entscheidungsgrundlage haben. Zugesagt wird vom OB auch, dass die Punkte aus dem Änderungsantrag der BfG geprüft werden.
Es folgt ein Possenspiel der AfD. Fraktionsführer Jankus behauptet, der Stadtrat müsste über den BfG-Änderungsantrag abstimmen, obwohl die eigentliche Beschlussvorlage durch uns zurückgezogen wurde. Will er ein Gericht alternativ würzen, der Topf aber nicht mehr auf dem Herd steht – wohin schüttet Lutz Jankus seine Gewürze? Auf die heiße Herdplatte? Das wiederum würde einiges erklären. Leider lassen die Bürger für Görlitz diese unsinnige Debatte laufen und ziehen ihren Änderungsantrag formal nicht zurück. So muss schließlich der OB eingreifen und das Spiegelfechten der rechten Burschen beenden.
Ja, wir haben hier Lehrgeld bezahlt. Dennoch war der Einsatz nicht umsonst. Das Thema ist in der Öffentlichkeit, wir haben konkrete Vorschläge für eine kostengünstige Variante und sind optimistisch, dass spätestens 2024 auf dem Sportplatz Hirschwinkel wieder Tore geschossen und Körbe erzielt werden. Klar ist auch: Es fehlt uns an Stimmen, um Dinge durchzusetzen. Das lässt sich im Mai 2024 bei den nächsten Kommunalwahlen ändern. Ich hoffe, wir bekommen eine starke Mannschaft für die Freie Liste Motor Görlitz zusammen. Du möchtest gern dabei sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an post@motor-goerlitz.de. Willkommen in der #Mitmachstadt.
Autor: Mike Altmann
Letzte Sitzung vor der Weihnachtspause. Stollen und Oberbürgermeisterschreiben liegen als Zeichen der Jahresendzeit auf jedem Tisch. Vielen Dank an die Bäckerei Tschirch und Octavian Ursu für Gebäck und Worte. Zu Beginn ergreifen Dieter Gleisberg (CDU) und Prof. Joachim Schulze (Bündnis90/Grüne, Fraktion BfG) das Wort. In ihren persönlichen Erklärungen kritisieren sie eine Veröffentlichung der AfD-Fraktion auf Facebook. Darin werden Hinweise gegeben, wie man sich im Falle einer Anzeige verhält, in Verhandlungen auftritt. Gratis gab es Formulierungshilfen für Lügen und Hinweise, wie die Justizbehörden am besten lahmgelegt werden.
In Abstimmung mit meiner Fraktion gebe ich auch eine Erklärung ab. Hier der Wortlaut:
Zur Bedienungsanleitung der AfD-Stadtratsfraktion, wie man als Teilnehmer an einer illegalen Versammlung die Justizbehörden am besten lähmt, kann man nur sagen: Was will man erwarten von einer destruktiven Kraft? Meine Herren ganz Rechtsaußen: Sie können 1000 Jahre lang Kerzen aufstellen, eine Friedensbewegung wird nicht aus Ihnen. Wie schrieb Thomas Mielke von der Sächsischen Zeitung heute zu den Corona-Protesten? „Noch schlimmer sind diejenigen, die auf den Zug aufspringen. Ihnen geht es gar nicht um Corona und die Auswirkungen von Spritzen, Schulschließungen, Kurzarbeit oder Insolvenzen. Es geht ihnen darum, die Gesellschaft zu destabilisieren. Aus niederen Beweggründen und nicht, weil sie einen besseren Plan hätten.“ Deshalb möchten wir gar nicht weiter auf diesen Kniefall einer Stadtratsfraktion vor Regelbrechern eingehen, sondern uns bedanken.
Danke ihre Krankenpflegerinnen und Altenpfleger, Ärztinnen und Ärzte. Danke, dass ihr schon so lange durchhaltet. Wir wissen, dass es mehr braucht als Klatschen – diese Entscheidungen liegen nicht in der Hand von Stadträten.
Danke den Kindern und Jugendlichen, die unglaubliche Entbehrungen auf sich nehmen. Wenn jemand demonstrieren sollte, dann seid ihr es.
Danke an Trainer, Betreuerinnen, ehrenamtlich Engagierte, dass ihr insbesondere der jungen Generation auch in diesen schwierigen Zeiten zur Seite steht und Abwechslung ermöglicht. Dass ihr für die Alten, Schwachen und Einsamen da seid.
Danke an alle Unternehmer, Händlerinnen, Gastronomen, die durchhalten und dort sachlich kritisieren, wo es nötig ist.
Danke den Eltern, die im Nebenberuf Lehrerin und Lehrer geworden sind und trotz der Anspannung den Kindern eine angenehme Zeit schenken.
Ohne Großeltern würde dennoch vieles zusammenbrechen. Danke, dass ihr da seid, auch wenn ihr immer zu viele Süßigkeiten erlaubt.
Der Dank geht an alle Berufsgruppen, ohne die unser Alltag zusammenbrechen würde. Ob ihr uns in Straßenbahnen von A nach B fahrt, unseren Müll wegräumt, uns die Pakete und lecker Essen bringt oder die Haare schön macht.
Wir danken den Leuten bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten für den Schutz der Gemeinschaft.
Danke an Lehrerinnen und Erzieher, dass ihr in dieser schwierigen Zeit für unsere Kinder da seid und das bestmögliche versucht, ihnen gute Begleiter zu sein.
Ein Dank geht an alle Künstlerinnen und Künstler, die uns aufgeheitert haben, als alles dicht war und wir zumindest online Kultur genießen durften, obwohl ihr es seid, die mit am meisten unter den Beschränkungen leiden.
Danke an alle Unerwähnten.
Zum Abschluss noch: Danke Deutschland – es tut gut in einem Land zu leben, das Menschen und Unternehmen nicht allein lässt in der Krise. Auch wenn man vieles besser machen kann – wir fühlen uns sicher und wohl bei dir.
Abschied: Dann wird es emotional. Die langjährige Schulamtsleiterin Dr. Petra Zimmermann wird in den Ruhestand verabschiedet. Mit Bürgermeister Michael Wieler hat sie in den letzten 14 Jahren besonders intensiv zusammengearbeitet, deshalb kommen persönliche Abschiedsworte von ihm. OB Octavian Ursu schließt sich an. Die Fraktionen applaudieren. Vielen Dank und eine gute Zeit, liebe Frau Dr. Zimmermann. Ihrem Nachfolger Alexander Eichler wünsche ich einen guten Start im Januar.
Informationen des OB
Corona: Die Intensivstationen sind voll. Bis auf zwei Ausnahmen liegen in Görlitz (zu diesem Zeitpunkt) ausschließlich Menschen auf IST, die nicht geimpft sind. Man kann daraus Schlüsse ziehen.
Silvester: Der OB erklärt das Knaller-Verbot. Es gibt Ausnahmen. Das Abbrennen von Feuerwerk ist auf privaten Grundstücken erlaubt (falls jemand Reste zu Hause hat). Octavian Ursu appelliert an den gesunden Menschenverstand. Ich halte den Umgang mit Feuerwerk für nicht nachvollziehbar. Schon in „Normalzeiten“ mag ich es nicht – aktuell, bei den bekannten Belastungen unseres Gesundheitswesens, ist es für mich fahrlässig.
Waggonbau Görlitz: Alstom hat kurz vor Weihnachten erklärt, dass 400 Jobs gestrichen werden sollen. Mit diesem französischen Konzern in der Hauptrolle könnte man den DEFA-Klassiker „Das kalte Herz“ neu interpretieren. Der OB informiert, dass es Verhandlungen zwischen Unternehmen und Betriebsrat gibt. Bund und Land sind eingeschalten und suchen mit nach Lösungen, da mehr Schienenverkehr gewünscht ist. Ich freue mich, dass der neue starke Mann im Bundeswirtschaftsministerium, Staatssekretär Michael Kellner (Bündnisgrüne) seine erste Dienstreise nach Görlitz unternahm, wo er sich gemeinsam mit Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) mit dem Betriebsrat unterhielt. Ein starkes Zeichen. Für Görlitz ist der Kampf um den Waggonbau eine Chance zusammenzurücken. Hier haben wir Einigkeit. Lasst sie uns im neuen Jahr den französischen Bossen zeigen.
Stadthalle: Von unserer Fraktion mehrfach gefordert, liegen nun Unterlagen zum Betriebskonzept auf dem Tisch. Warum das interne Arbeitsmaterial als gebundene Farbbroschüre daherkommt, möchte AfD-Stadtrat Torsten Koschinka wissen. Mir erschließt sich das auch nicht. Unserer papierlosen Fraktion wäre ein PDF am liebsten gewesen. Das Geld mag aus dem Budget des Kulturservice stammen, wie Bürgermeister Wieler begründet. Zur Wahrheit gehört, dass nicht verbrauchtes Geld zurück in den Haushalt geht und für sinnvolle Dinge verwendet werden kann. Die Farbbroschüre steht sinnbildlich für den großzügigen Umgang mit Steuergeld bei der Stadthalle. Im ersten Quartal 2022 werden wir vermutlich die endgültige Entscheidung treffen. Beantragen wir die Fördermittel für die Sanierung? Das ist nur möglich, wenn wir uns den späteren Betrieb leisten können. Bürgermeister Wieler schätzte erstmals öffentlich die jährliche Gesamtbelastung für den Görlitzer Haushalt auf 1.000.000 Euro. Diese Million käme zu den freiwilligen Kosten hinzu, die wir bereits jetzt kaum stemmen können. Denn Görlitz gibt jährlich rund sechs Millionen mehr aus als eingenommen werden.
Förderprojekt: Unter dem Namen „BauLustOffensive“ soll in den nächsten vier Jahren der leerstehenden Gründerzeit neues Leben eingehaucht werden. Im Fokus steht die Bildung von Wohneigentum. Ich beglückwünsche die Stadtverwaltung zum positiven Förderbescheid und bitte darum, dass künftig solche Dinge vorab in den Fachausschüssen besprochen werden. Das Programm des Bundesbauministeriums hätte auch andere inhaltliche Schwerpunkte erlaubt. Wie die Stärkung des innerstädtischen Handels etwa. Mehr miteinander reden – mein Wunsch auch für 2022.
Synagoge: Sensationell ist das Auftauchen eines Teils der seit 1938 verschwunden geglaubten Thorarolle aus der Synagoge. Die Medien haben bereits ausführlich berichtet. Vom Kunnerwitzer Pfarrer Uwe Mader wurden die Thora-Teile dem Ratsarchiv übergeben. Ich hoffe, dass sich Stadt und Jüdische Gemeinde auf gutem Weg verständigen, was damit geschehen soll. Erklären sollte die Stadt, warum keine jüdischen Vertreterinnen und Vertreter bei der Übergabe der Thora-Teile zugegen waren.
Fragestunde für Einwohner: Es geht es um die Ausstellung „Görlitzer Art“. Wie sich die Kosten zusammensetzen und was noch geplant ist, möchte ein Gast wissen. Bürgermeister Wieler erläutert: Für jedes Kunstwerk wurden rund 9.000 Euro für die Realisierung kalkuliert. Das sind Kosten für Material, Transport, Aufbau und ähnliches. Dazu kommt jeweils ein Honorar von 2.000 Euro. 2022 soll es im Barockhaus eine Ausstellung mit weiteren Werken der bei „Görlitzer Art“ vertretenen Künstlerinnen und Künstler geben. Michael Wieler bedauert, dass die „Görlitzer Art“ vom Streit um „Die Kulisse“ von Lisa Maria Baier überschattet wird. Das Werk entsprach nach Ansicht Wielers nicht dem von der Jury ausgewählten Entwurf und musste abgebaut werden. Mittlerweile schwelt ein Rechtsstreit. Wieler will für Görlitz die 9.000 Euro Produktionskosten von Lisa Maria Baier zurückhaben. Sie ihrerseits den Bürgermeister verklagen und sammelt dafür öffentlichkeitswirksam Kohle. Das alles kostet Zeit, Geld und Ruf. Kluge Bürgermeister sehen sowas voraus und über eine provozierte Grenzüberschreitung hinweg. Dr. Wieler ist sehr klug. Welche Motivation ihn in diesem Fall antreibt, weiß ich nicht. Görlitz kann es nicht sein.
Fragestunde für Stadträte: Meine Kollegin Kristina Seifert lobt die gute Organisation der Impfstation im ehemaligen Waggonbau. Wissen möchte Kristina, wie die Zusammenarbeit mit Landkreis und Kassenärztlicher Vereinigung läuft, da weiterhin Personal knapp ist. Der OB hat dazu keine konkreten Informationen, bestätigt aber das personelle Problem, was dazu führte, dass die Impfstation verspätet ans Netz ging. Mittlerweile komme man voran. Mit 150 Impfungen täglich wurde begonnen. Nun sind es bis zu 350 pro Tag. Die Impfstation soll während der Pandemie bestehen bleiben. (Ich konnte mich am Freitag beim Boostern von der exzellenten Organisation überzeugen. Vielen Dank an alle Helferinnen und Helfer.)
Es folgt eine Auftragsvergabe: Die Elektroinstallation für die Sanierung der Grundschule Königshufen übernimmt die ELLOs GmbH aus Zittau für rund 600.000 Euro. An solchen Aufträgen sieht man, wie viel Geld aus Görlitz ins Umland, den Kreis, die Oberlausitz fließt.
Moderner Nahverkehr: Kritik gab es zuletzt aus dem Umland am Görlitzer ÖPNV-Modellprojekt, das über Kohlegelder finanziert wird. Dieses Vorhaben ist mittlerweile vom Bund genehmigt und steht somit vor der Umsetzung. Da es aber dauern wird, bis die Fördergelder auf dem GVB-Konto sind, beschließen wir ein kommunales Darlehen. Mit der Zwischenfinanzierung können neue Straßenbahnen angeschafft werden, die nach europaweiter Ausschreibung in Leipzig produziert werden. Manch einer fragt sich, warum nicht bei Alstom in Görlitz und Bautzen gebaut wird. Weil wir uns das nicht aussuchen können. Solche Vergaben laufen nach strengen Richtlinien. Am Ende gewinnt das wirtschaftlichste Angebot. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass Görlitz kleinster Partner im Trio mit Leipzig und Zwickau ist. Die drei Städte haben sich für diese Ausschreibung zusammengeschlossen, um bessere Preise zu erzielen. Ich freue mich, dass das Geld in Sachsen bleibt. Was immer wieder erwähnenswert ist: Die Straßenbahnen sind nur ein Teil des ÖPNV-Modellprojektes.
Machbarkeitsstudie Schlachthof: Das Schlachthofgelände bleibt ein sensibles Terrain. Vor rund einem Jahr sorgte eine Formulierung von Bürgermeister Wieler in einer öffentlichen Beschlussvorlage dazu, dass das Nostromo in Frage gestellt wurde. Es folgte eine Kampagne des Nostromo-Teams und daraufhin Stress mit dem Eigentümer Gausepohl. Das gipfelte in einer Räumungsklage. Nachdem Michael Wieler nicht weiter kam in den Verhandlungen, übernahm OB Ursu. Er scheint einen Weg gefunden zu haben. Liegt er im Erwerb der Fläche durch die Stadt? Antworten soll eine „Machbarkeitsstudie zur Feststellung kommunaler Entwicklungsoptionen auf dem ehemaligen Schlachthofgelände“ bringen. Ausdrücklich unter Erhalt des Nostromo. Untersuchen lassen will das Rathaus in erster Linie einen Neubau der Berufsfeuerwehr. Unsere Fraktion möchte eine solche Eingrenzung vermeiden. Mit einer offenen Studie bekommen wir verschiedene Optionen vorgestellt, die wir inhaltlich, rechtlich und finanziell bewerten. So würden neben der Feuerwehr weitere Themen beleuchtet. Bis hin zu dringend benötigten Vorhalteflächen für Ansiedlungen von Forschungseinrichtungen, Start-ups und weiteren Unternehmen. Aus einem für mich nicht nachvollziehbaren Grund, bittet der OB darum, den Beschlusstext unverändert zu lassen. Jede Änderung würde die Voraussetzungen eines späteren Erwerbs verschlechtern, heißt es nebulös. Vor allem aus Rücksicht auf das gefährdete Nostromo ziehen wir unseren Änderungsantrag zurück. In den nächsten Monaten werden wir darüber wachen, dass keine reine Feuerwehrstudie beauftragt wird.
Hundesteuersatzung: Bereits im Rahmen der Haushaltsdiskussion im Juni wurden die Gebühren für Hundebesitzer erhöht. Betrifft mich persönlich, ist nicht schön, geht nicht anders. Der Satzungsbeschluss ist der formale Vollzug. Diskutiert wird über einen Vorschlag der Bürger für Görlitz. Sie möchten Hunde aus dem Tierheim Görlitz für zwei Jahre (statt für ein Jahr) von der Steuer befreien. Damit sollen Anreize geschaffen werden, sich einen Hund aus dem Tierheim zu holen. Unsere Fraktion schlägt vor, Tierschutzeinrichtungen des Landkreises Görlitz ebenfalls mitaufzunehmen. Das sieht allerdings die Verwaltung kritisch und wird deshalb nicht aufgenommen. Einen zweiten Vorschlag von uns übernimmt BfG allerdings: Die Steuerbefreiung gibt es nur für Hunde, die mindestens sechs Monate im Tierheim verbracht haben. Ein Anreiz, um „schwer vermittelbare“ Tiere zu übernehmen. Süße Welpen bringen somit keinen Steuervorteil. Nach angeregter Diskussion wird die Hundesteuersatzung mit der Änderung von einer Mehrheit beschlossen (19 zu 11).
Schwimmhalle: Wegen Corona beklagt die Schwimmhalle Einnahmeausfälle. Wir beschließen einen Zuschuss an den Zweckverband „Neiße-Bad Görlitz“ von 105.000 Euro. Görlitz macht keinen Verlust. Es gibt Einsparungen durch die geringere Nutzung von Vereinen und Schulen, die dafür Zuschüsse bekommen hätten.
Außengastronomie: Auch 2022 werden keine „Sondernutzungsgebühren“ für das Aufstellen von Tischen und Stühlen erhoben. Eine Hilfe für die gebeutelte Gastrobranche. Wichtiger Hinweis von Mike Thomas (SPD): Der erblindete Stadtrat appelliert, dass bei der Gestaltung der Außenflächen an Menschen mit Beeinträchtigungen gedacht wird und das Ordnungsamt entsprechend kontrolliert.
Sportstättennutzung: An dieser Stelle soll die „Benutzungs- und Entgeltordnung für Schulen und Sportstätten“ folgen. Allerdings wurde versäumt, den Kreissportbund und den Sportausschuss einzubeziehen. Nach einigen internen Diskussionen nimmt OB Ursu die Vorlage wieder runter. Gut so. Wir können auch in Corona-Zeiten nicht ohne die Betroffenen agieren. Dem Kreissportbund danke ich sehr für die Erarbeitung einer kritisch-konstruktiven Stellungnahme, die noch kurz vor Sitzungsbeginn einging. Fortsetzung im neuen Jahr.
Firmenumzug: Konsulstraße 23 wird neues Domizil für eine Görlitzer Firma. Das Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern muss umziehen, nachdem der Vertrag für das bisherige Objekt gekündigt wurde. (Name ist nichtöffentlich, sorry.) Dafür haben wir den Erbbaurechtsvertrag geändert. Darin war als Zweck ein „Wohnprojekt für junge Leute“ festgehalten. Das Projekt platzte aber, da es kaum Interesse von Berufsschülern gab. Zwischenzeitlich belebte die Waldorf-Schule als Interimslösung das Objekt.
Bildungscampus: Wir beschließen vorgezogene Maßnahmen zur Sicherung und Instandsetzung von Dach und oberer Geschossdecke auf der Rauschwalder Straße 73. Das einsturzgefährdete Haus soll später u.a. das „produktive Lernen“ beherbergen. Spannend wird es zu Jahresbeginn 2022. Dann soll uns die Entwurfsplanung für die neue Oberschule vorgestellt werden.
Zusammenschluss: Die AfD beantragt eine Fusion von Seniorenbeirat und Behindertenbeirat. Viele Inhalte und Aufgaben würden sich doppeln, so die Begründung. Jana Krauß aus unserer Fraktion hält dagegen: Beiräte sind ein wichtiges Element der Bürgerbeteiligung. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die jeweiligen Perspektiven beschnitten werden sollen. Sie regt an, die Beiräte stärker als bisher einzubinden. Die Vorsitzenden des Behinderten- und Seniorenbeirates sind ebenso gegen den Antrag wie die Familienbeauftragte. Klare Sache. Nur acht Stimmen gibt es für den AfD-Antrag.
Familien und Kinder: Auf Antrag der Fraktion Bürger für Görlitz soll der Stadtrat ein Re-Audit „Familiengerechte Kommune“ und die Erstellung eines Familienberichts beschließen. Bestehendes sichtbar machen und Zukunftsaufgaben definieren, das ist das große Ziel. Görlitz hatte sich unter OB Deinege auf den Weg gemacht zur familienfreundlichen Kommune. Gutes ist entstanden, wie das Familienbüro auf dem Demianiplatz. Zuletzt wurde es etwas still um das Thema. Die Stadtbewegung Motor Görlitz gab einen neuen Anstoß. Görlitz sollte „kinderfreundliche Kommune“ werden, so der Vorschlag, der von unserer Fraktion aufgenommen und beantragt wurde. In Ausschüssen und bilateralen Gesprächen gab es einen Kompromiss, für den ich mich insbesondere bei Yvonne Reich (BfG) als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses bedanke. Kindergerechtigkeit und Kinderfreundlichkeit sind nun zentrale Themen im Re-Audit und Familienbericht. Somit bekommen wir eine gute Grundlage, wie es um diese Fragen in Görlitz bestellt ist und welche Aufgaben sich ableiten. Wir ziehen unseren eigenen Antrag zurück und stimmen für die Vorlage der BfG-Fraktion, die einstimmig angenommen wird mit einigen Enthaltungen aus der AfD.
Das ist ein schöner Abschluss des Stadtratsjahres 2021. Ich bedanke mich bei euch fürs Mitlesen, Kommentieren und Teilen. Die Berichte aus dem Stadtrat sind anachronistisch lang und weitgehend unbebildert. Ich ziehe meinen Hut vor euch. Für Statistikfreunde: 2021 gab es 11 Berichte mit rund 28.000 Wörtern und 198.0000 Zeichen. Das entspricht etwa 132 Seiten eines Buches, das die Läden hüten würde.
Frohe Weihnachten euch allen und einen guten Start ins neue Jahr.
Text: Mike Altmann
Oktobersitzung des Stadtrates. Am 4. November? Nichts ist unmöglich. Die Erklärung ist einfach. Aus Gründen der Familienfreundlichkeit werden keine Sitzungen in den Ferien durchgeführt (außer, es ist unausweichlich).
Corona und kein Ende
Zu Beginn gibt es wie immer Informationen des OB. Octavian Ursu berichtet zunächst über die aktuelle Corona-Lage. Im Klinikum wird mit reduzierten Kapazitäten gearbeitet. Die Versorgung von Corona-Patienten ist nur durch Einschränkungen anderer Bereiche möglich. Operationen, die nicht dringend notwendig sind, werden verschoben. Kritisch äußert sich der OB über mangelnde Kontrollen der Regeln, u.a. in der Gastronomie und appelliert an die Stadtgesellschaft, sich solidarisch gegenüber den besonders gefährdeten Gruppen zu verhalten. Die Verwaltung hat reagiert und führt dreimal pro Woche Tests durch. Es gibt einige Krankheitsausfälle im Rathaus. Neben Corona schlägt auch die Grippe zu. Im Gegensatz zum Landratsamt läuft der Betrieb aber noch regulär, ohne Terminvergaben. Das soll auch so bleiben. Ob es gelingt bei den aktuell rasant steigenden Zahlen?
Stadtrat Dr. Christian Gottschalk aus der BfG-Fraktion ergänzt aus seiner Sicht zum Thema Auffrischungs-Impfungen. In den vergangenen Monaten war er Impfarzt in Löbau und schätzt ein, dass Sachsen keinen wirklichen Plan für die sogenannten Booster-Impfungen hat. Dr. Gottschalk glaubt nicht, dass die Ärztedichte ausreicht, um die Impfungen allein durch Praxen und mobile Teams abzusichern. Sein Vorschlag: Aufbau eines temporären Impfzentrums für Görlitz als feste Anlaufstelle nach dem Vorbild von Freiberg. OB Ursu erklärt, dass er dazu mit der Geschäftsführerin des Klinikums bereits im Gespräch sei.
Haushalt
Überraschendes verkündet der Rathauschef zum Haushalt. Das Landratsamt hatte den Etat zwar genehmigt, aber ein Sparkonzept bis Jahresende verlangt. Ursu kündigt vage „überplanmäßige Einnahmen“ an. Womöglich braucht Görlitz kein Haushaltssicherungskonzept (wie es offiziell heißt). Im nächsten Verwaltungsausschuss soll es dazu mehr Informationen geben. Ich bin gespannt. Denn zu den ohnehin roten Zahlen des beschlossenen Haushalts kommen weitere Baustellen hinzu durch Luftplanungen, die nun weggefallen sind. Es kam weder zu einer geringeren Kreisumlage noch zu einer Auflösung der Veolia-Stiftung. Macht etwa 2 Millionen Euro zusätzlichen Einsparbedarf.
Kaufhaus/Parkhaus/Stadtvillen
Umfangreich informiert werden wir zu einem Gespräch von OB Ursu und Bürgermeister Wieler in Berlin mit Vertretern der Denkmalinstitutionen Icomos und Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Sie hatten sich in Briefen ans Rathaus gewandt und gegen den beabsichtigten Abriss der Stadtvillen Postplatz 5/6 für das Kaufhausprojekt nebst größerem Parkhaus protestiert. Ziel des Gesprächs: Die Beweggründe der Stadtverwaltung darzustellen. Michael Wieler erläutert für mich nachvollziehbar, dass beim Thema Entlastung der Innen- und Altstadt (insbesondere Obermarkt) zusätzliche Parkplätze in Zentrumsnähe benötigt werden. Alles an die Peripherie zu verlegen ist illusorisch. Viele Standorte wurden in den letzten Jahren untersucht, brachten aber keine Lösung. Entweder fehlte das Geld oder die Areale waren ungeeignet. Aus Sicht der Fachämter ist die Erweiterung des Parkhauses City Center die einzige Option. Freilich nicht ohne ein Verkehrskonzept, in dem An- und Abfahrten genau unter die Lupe genommen werden. Ich lasse mich gern überzeugen. Weil ich an das Kaufhaus als Magnet für die Innenstadt glaube und davon überzeugt bin: Wenn wir den Obermarkt vom Blech befreien wollen, braucht es Ersatz in der Nähe.
Es bleibt ein umstrittenes Thema. Auch weil es bisweilen an Transparenz fehlt. Fakt ist: Es gibt keinen Freibrief zum Abriss für Investor Stöcker. Voraussetzung ist ein durch den Stadtrat beschlossener Bebauungsplan für den Gesamtkomplex aus Kaufhaus und Parkhaus. In diesen Prozess wird auch die Öffentlichkeit einbezogen.
In der Berichterstattung zu den Briefen der Denkmalschützer gab es Bezüge zur Weltkulturerbe-Bewerbung. Das konnte im Gespräch ausgeräumt werden, sagen Ursu und Wieler. Es gibt keinen solchen Zusammenhang. Die beiden Stadtvillen sind rund 300 Jahre jünger als das vorgesehene Kerngebiet, mit dem Görlitz den Welterberang erreichen möchte. Auch Sichtbeziehungen bestehen nicht. Nach meiner Auffassung sollte das Thema Welterbe ohnehin nicht als Drohkulisse dienen.
Es folgt eine kurze Diskussion. Mein Fraktionskollege Danilo Kuscher von Motor Görlitz kritisiert, dass es in den letzten Monaten immer wieder Fragen zur Dimensionierung des Parkhauses gab, die nicht beantwortet wurden mit Verweis auf den fehlenden Bebauungsplan. Nun plötzlich gibt es dazu inhaltliche Gespräche in Berlin. Wie passt das zusammen? Und wer hat erarbeitet, dass das Parkhaus genau an dieser Stelle sinnvoll ist? Warum wird nicht zunächst ein Verkehrskonzept erstellt? Michael Wieler antwortet, dass er bislang keine Forderung kennt, das bestehende Parkhaus zu schließen. Ob man das Parkhaus erweitert, ist eine andere Diskussion. 150 Stellplätze mehr machen seiner Ansicht nach auch keinen gravierenden Unterschied. Hierzu ist zu sagen, dass Herr Stöcker eine Verdopplung der Stellflächen plant. Da ist er schon wieder, der Nebel, der sich durch manche Aussagen schleicht.
Torsten Ahrens (Die Linke) kritisiert, dass es so einen ausführlichen Informationspunkt gibt, ohne in der Tagesordnung zu stehen. Die Stadträte konnten sich nicht darauf vorbereiten, moniert er. Sehe ich anders. Wir können nicht kritisieren, dass es an Informationen fehlt und wenn es welche gibt, fühlen wir uns nicht ausreichend mental vorbereitet.
Christkindelmarkt
Dann weihnachtet es. Benedikt Hummel vom Kulturservice stellt den Plan für den Christkindelmarkt vor. Er soll vom 3.-19.12. stattfinden. Wegen Corona in veränderter Form. Vereinfacht dargestellt können wir vom Bahnhof bis zum Untermarkt weihnachtliche Stimmung erleben. Entzerren heißt das Zauberwort, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Die Bühne wird diesmal auf dem Marienplatz stehen. Gastro-Inseln und Flanierzonen mit Verkaufsständen ziehen sich über Eli, Brüderstraße bis zum Untermarkt. Die Eislaufbahn auf dem Obermarkt wird 130 m2 größer als zuletzt. Hilft auch, die Abstände einzuhalten. Insgesamt ist der Christkindelmarkt planerisch eine Herausforderung. 25 Händler und Gastronomen, die wir liebgewonnen haben, sind nicht dabei. 10 neue Anbieter kommen dafür erstmals nach Görlitz. Abwechslung ist auch schön. Ich drücke die Daumen, dass alle Pläne aufgehen. Hängt auch davon ab, wie solidarisch und vorsichtig wir uns verhalten. Respektlos empfinde ich die Forderung von Stadtrat Jens Jäschke, der (wohl nicht ganz uneigennützig) eine Planungssicherheit für Händler und Gastronomen einfordert. Die hatte niemand in der Veranstaltungsbranche in den letzten 20 Monaten.
Bürgerfragestunde
Einmal mehr Diskussion zu den Stadtvillen Postplatz5/6. Guter Vorschlag von Bürgermeister Wieler: Interessierte Kreise könnten ein Forum organisieren, bei dem diese Fragen ausführlich diskutiert werden. Er steht zur Verfügung. Mir fällt auf, dass die Bürgerfragestunde allmählich zu einer „Speakers Corner“ wird, bei der mehr Monologe als Fragen zu hören sind. Dazu sollten wir uns im Ältestenrat verständigen. Aber: Es ist wichtig, dass den Anliegen auch ernsthaft nachgegangen wird. Ende September fragte Architekt und Stadtführer Frank Vater, wann die falsch gehende Rathausuhr repariert wird und bekam keine Antwort. Auch diesmal nicht. Bedauerlich.
Fragestunde für Stadträte
Aus unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gibt es folgende Anliegen:
Kristina Seifert (Bündnisgrüne) möchte wissen, ob die in der Öffentlichkeit kommunizierten Verkehrsversuche auf der Jakobstraße und Bismarckstraße mit Anwohnern und Händlern besprochen wurden. Auch eine Geschäftsinhaberin von der Bismarckstraße interessiert sich dafür. Dr. Wieler wiederholt die Aussagen vom September, dass es sich um Vorschläge aus Bürgergesprächen handelt, die nun auf Umsetzung geprüft werden. Das beantwortet die Frage nicht. Es ist kommunikativ ungeschickt, eine solch vages Vorhaben bereits in die Öffentlichkeit zu tragen, bevor es einen fundierten Plan gibt. In diesen Prozess sind Anlieger einzubeziehen. Nennt sich Bürgerbeteiligung oder einfach nur gutes Miteinander.
Andreas Kolley (Motor Görlitz) fragt nach, wie es mit den Abfahrtstellen für Stadtrundfahrten weitergeht. Wir wollen gemeinsam mit den Anbietern an Verbesserungen arbeiten. Sie durften im Wirtschaftsausschuss ihre Meinung zur Saison 2021 sagen. Nun müsste der nächste Schritt folgen. Der OB möchte allerdings keine weiteren offenen Arbeitsrunden mit den Praktikern, sondern einen neuen Vorschlag der Verwaltung vorlegen, mit dem sich dann der Stadtrat beschäftigt. Ich denke, wir werden überfraktionell einen Weg für die Fortsetzung des Dialogs mit den Anbietern der Stadtrundfahrten finden. Sie können in die Ausschüsse eingeladen werden, um Fehler zu vermeiden. Fällt auch in die Kategorie gutes Miteinander.
Weitere Themen:
Die Stadtverwaltung hinkt bei der Digitalisierung hinterher. So sind bestimmte Dokumente für die Bauverwaltung nur in Papierform zu verarbeiten. Im Gegensatz zum Landratsamt.
Luftfilteranlagen für Schulen sind kein Thema. Förderung gibt es nur für Räume, die nicht gelüftet werden können.
Der Kleingartenbeirat hat sich noch immer nicht gegründet.
Für die Schließung des Gymnasiums Anne Augustum vor den Herbstferien wegen Corona-Ausbrüchen war die Stadt nicht zuständig. Entscheidung des Kultusministeriums. Spekulationen zum Warum bleiben Stadtgespräch.
Der Wochenmarkt wird nicht schöner. Ein bemitleidenswerter Stromkasten am Zeitungskiosk wurde Opfer eines Verkehrsunfalls. Dr. Wieler verbreitet Optimismus: Es ist überraschend Geld für das passende Sanierungsgebiet vorhanden. Eventuell geht es mit der Sanierung des Platzes doch demnächst los.
Vergabe einer Bauleistung
Nach dem Frage-Antwort-Spiel vergeben wir den Auftrag für die Erschließung des zweiten Bauabschnitts im Gewerbegebiet Schlauroth an die Firma STL Bau Löbau. Erfreulich: Wir kommen deutlich günstiger davon als geplant. Ist aber nur ein „Los“ von vielen. Abgerechnet wird das Projekt zum Schluss. Interessante Antwort auf eine Frage von Danilo Kuscher: Sollte das Vorhaben weniger kosten als geplant, können wir das eingesparte Geld nicht einfach anders verplanen. Es handelt sich um ein Programm mit 90% Förderung. Uns bliebe nur der eingesparte Eigenanteil, also ein Zehntel.
ÖPNV-Modellprojekt
Erfreuliches hören wir dann von den Görlitzer Verkehrsbetrieben. Interimsgeschäftsführer Sven Sellig erläutert gemeinsam mit OB Ursu das „ÖPNV-Modellprojekt“. Es wurde nach heftigen öffentlichen Diskussionen vom Regionalen Begleitausschuss im Rahmen der Strukturwandelförderung genehmigt. Gut 67 Millionen Euro Umfang, 90 Prozent davon vom Bund gefördert. 37 Millionen Euro kosten die neuen Niederflurbahnen, 30 Millionen werden in die Infrastruktur fließen. Es geht neben Haltestellen und Knotenpunkten am Bahnhof/Südausgang und Demianiplatz um Zukunftsthemen wie Teststrecken für autonomes Fahren, Busse und Bahnen, die miteinander kommunizieren und die intelligente Verknüpfung des ländlichen ÖPNV mit dem Stadtverkehr. Für unsere Fraktion dankt Jana Krauß allen Beteiligten, stellvertretend OB Ursu, Geschäftsführer Sven Sellig und seinem Vorgänger Andreas Trillmich sowie Siegfried Deinege, der die Arbeit in den letzten Monaten mit seiner Erfahrung unterstützte. Ein zeitgemäßer ÖPNV ist ein elementarer Beitrag zur Klimaneutralität, die Barrierefreiheit wichtig für viele Nutzer.
OB Ursu geht davon aus, dass das Projekt vom Bund genehmigt wird, auch wenn es vom Begleitausschuss etwas überraschend ans Ende der Prioritätenliste gesetzt wurde. Die Zeit drängt. Bis Ende des Jahres sollen schon die Aufträge für die neuen Bahnen rausgehen. Es wurde sehr viel diskutiert dazu in den letzten Tagen und Wochen. Ich wünsche mir, dass der regionale Zusammenhalt wieder wächst und wir uns nicht durch schlecht gemachte Förderprogramme gegeneinander ausspielen lassen. Görlitz ist nichts ohne den Kreis und die anderen Kommunen. Das gilt freilich auch umgekehrt. Lassen wir einfach mal etwas Luft aus der aufgeheizten Stube.
Benennung Grenzbrücke Hagenwerder
Nicht ganz unerwartet entspinnt sich eine lebhafte Diskussion zu einem Namensvorschlag für die Grenzbrücke Hagenwerder. „Gibt es keine wichtigeren Themen?“, höre ich euch rufen. Natürlich. Deshalb schlägt mein Fraktionskumpel Andreas Kolley auch vor, dass wir künftig solche Benennungen für Straßen, Plätze und Verkehrsinseln bündeln und einmal im Jahr beschließen. Mal sehen, ob die Idee aufgegriffen wird.
Worum geht’s eigentlich? Die Brücke Hagenwerder-Radomierzyce soll auf Vorschlag der Verwaltung „Oberlausitz-Niederschlesien-Brücke“ heißen. Unsere Fraktion ist nicht überzeugt. Es gibt einen Beschluss aus dem Jahr 2017, wonach das Bauwerk in „Radmeritzer Brücke“ benannt werden soll. Das gefiel damals auch dem Ortschaftsrat Hagenwerder-Tauchritz. Bis „Lobbyisten“ auftauchten. Oberlausitzer und Niederschlesier zuppelten am Gremium und wurden auch im Rathaus vorstellig. Uns ist das Zuviel des Guten, der Name zudem recht pompös für den gemütlichen Grenzübergang. Deshalb schlagen wir vor, den Namen beizubehalten, wie er 2017 beschlossen wurde. Die Radmeritzer Brücke soll leben. Eine Mehrheit des Stadtrates sieht das anders, auch weil sich der Ortschaftsrat Hagenwerder-Tauchritz nun für Oberlausitz-Niederschlesien ausgesprochen hat. So sei es. Hauptsache die Brücke hält und sorgt für ein friedliches Rüber und Nüber. Für Statistiker: 18 Ja/10 Nein/3 Enthaltungen für den Vorschlag der Verwaltung.
Umgang mit Petitionen
Ebenfalls umfangreich diskutiert werden Vorlagen, die sich mit Petitionen rund um den Verkauf der Stadtreinigung und deren Folgen beschäftigen. Rückblick: 1998 verkauft Görlitz auf Druck der Landesregierung seine Deponie Kunnersdorf an den Abfallzweckverband RAVON. Der Vertrag eines Umweltlabors fehlt im Verkaufspaket. Es kommt zu Schadenersatzforderungen. Ehrenamtliche Stadträte in ihrer Funktion als Aufsichtsräte und der Geschäftsführer werden verurteilt und müssen nach einem Vergleich eine Menge Geld zahlen. Ein Trauerspiel. Die Rolle von Stadtverwaltung und Stadtrat in dieser Angelegenheit war immer wieder Thema. Erst 2019 hat der neue Rat sein Bedauern ausgedrückt. Das reicht dem ehemaligen OB Matthias Lechner und dem damaligen Geschäftsführer der Stadtreinigung Hartmut Gottschling nicht. Sie wandten sich mit unterschiedlichen Petitionen an den Stadtrat. Und genau darum geht es nun in der Sitzung.
Wir sollen beschließen, dass die Petitionen zurückgewiesen werden (offiziell sind sie „nicht abhilfefähig“). Die Vorlagen enthalten aber für unsere Fraktion zu wenige Informationen, es fehlen Zeitbezüge und Dokumente, auf die verwiesen wird. So kann man keine fundierte Entscheidung treffen. Außerdem kritisiere ich in einem Statement den Umgang mit den Petitionen. Nach Sächsischer Gemeindeordnung muss es auf jede Petition nach spätestens sechs Wochen zumindest einen Zwischenbescheid geben. In diesen Fällen dauerte es mehr als fünf Monate. Ich stelle den Antrag für unsere Fraktion, dass die Vorlagen nochmal zurück in den Ausschuss gehen. Es folgt eine Diskussion zu Pro und Contra. Dabei stellt sich heraus, dass die beiden Einreicher der Petitionen nicht vom Ausschuss angehört wurden. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses Matthias Urban (CDU) bietet nun an, das nachzuholen. Nach einer Auszeit, beantragt von der CDU, nimmt OB Ursu den Vorschlag von Herrn Urban auf. Die Petenten werden in den Ausschuss eingeladen. Anschließend beschäftigen wir uns im Stadtrat noch einmal damit. Eine gute Lösung.
Man kann zu der Angelegenheit und den Personen stehen, wie man möchte – ein Petitionsausschuss ist eine wichtige Einrichtung, deren Regeln wir einhalten sollten. Das ist Aufgabe des Vorsitzenden Matthias Urban, der mir in der Diskussion unterstellt, ich wolle mich vor einer Entscheidung drücken. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es wäre viel einfacher gewesen, still zu sein und die Beschlüsse durchzuwinken.
Auch eine auf den ersten Blick unspektakuläre Tagesordnung führt zu interessanten Debatten. Jetzt aber erstmal ein zauberhaftes Wochenende. Genießt das Wetter, es lädt zum Müßiggang ein.
Text: Mike Altmann
Fraktion im Stadtrat Motor Görlitz/Bündnisgrüne/SPD
Untermarkt 6-8
02826 Görlitz
Zweite Sitzung des neuen Stadtrates. Auf der Tagesordnung der stehen vor allem Wahlen für Gremien. Fünf Stunden dauert es am Ende, bis die Gremien besetzt sind.