Führen wir den Elefanten raus

Rede von Dr. Jana Krauß (Bündnis 90/Die Grünen) während der von der AfD beantragten Sondersitzung zur Sicherheitslage in Görlitz am 12.9.2023. 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Es dürfte jedem klar sein, was mit dem Antrag in dieser Sonderstadtratssitzung erreicht werden soll: es soll ein Elefant namens „Bedrohung“ in den Raum gestellt werden; ein extra aufgeblasener Elefant soll es werden, der die klare Sicht verstellt.

Wir – meine Fraktion – stellen es gleich an den Anfang: Wir fühlen uns in unserer Stadt, in der wir gern und engagiert leben, nicht beeinträchtigt oder gar bedroht. Polizei und Ordnungskräfte sind präsent und wir haben Vertrauen in die Arbeit unserer Polizei und Justiz. Vorrangiges Ziel unseres Engagements ist das friedvolle, demokratische Zusammenleben in unserer Stadt.

Eine der Säulen unserer Demokratie ist der Pluralismus. Ohne Pluralismus keine Demokratie. Pluralismus meint die Anerkennung verschiedener Interessen, Meinungen, Ziele, religiöser oder nichtreligiöser Auffassungen, auch wenn sie befremdlich erscheinen mögen und Anlass zu Kritik geben – solange sie unsere Demokratie nicht gefährden. Pluralismus meint auch die Anerkennung der Hoffnungen aller Menschen, die in unserer Stadt leben. Ich betone ganz bewusst: ALLER Menschen. Darin begründet sich unsere Freiheit, individuell wie auch gesellschaftlich. Darin begründen sich unsere Rechte. Und darin begründen sich auch unsere Pflichten.

Demokratie funktioniert nur dann, wenn ein Miteinander aller von möglichst vielen, idealerweise von allen, positiv mitgestaltet wird. Das bedeutet Arbeit, Anstrengung, Nachdenken, wohlwollende Kritik und konstruktiven Diskurs, es bedeutet auch dazulernen zu wollen, die eigene Meinung zu hinterfragen und diese nötigenfalls zu korrigieren. Auf Dauer – niemals endend. Pauschale, willkürliche Gruppenzuweisungen und Verurteilungen, Verachtung von Menschen, Verachtung von Kultur und gesellschaftlichem Engagement, Rassismus – all dies können keine Gestaltungselemente eines friedvollen Miteinanders sein.

Ich möchte meine Freiheit nutzen dürfen, ich möchte vorurteilsfrei behandelt werden, ich möchte mich engagieren, mich kulturell einbringen, ich möchte mein Wissen teilen, meine Meinung äußern dürfen und mag sie vielleicht auf so manche absonderlich wirken, ich möchte in Frieden leben, ich möchte lernen, ich möchte gesund sein und bleiben, ich möchte freundlich sein und anderen freundlich begegnen können.

Sie möchten das für sich auch, nicht wahr? Und sie empfinden das genauso als Ihr Recht wie ich. Daraus ergibt sich automatisch die Pflicht, diese Rechte jedem Menschen zuzugestehen, der hier, in unserem Görlitz lebt, ganz egal, woher er oder sie kommen mag. Setzen wir uns also alle ein für ein friedvolles Miteinander, lernen wir von anderen, hören wir uns die Meinungen an und diskutieren wir, freundlich, unvoreingenommen und offen. Führen wir den Elefanten im Raum ruhig nach draußen – er ist klein und wir brauchen ihn hier nicht.

Wer den AfD-Antrag nachvollziehen möchte: 2023-09-12_AfD-Antrag_Sondersitzung

Stadtratsblog #44: 31.8.2023

Subjektiver Bericht aus dem Stadtrat vom 31.8.2023

„Was für uns keinen Mehrwert hat, kann weg.“ – Ein erhellendes Zitat aus einer ereignisreichen Sitzung, in der es um den Haushalt für die Jahre 2023/24 geht. Ich komme darauf zurück.

Los geht’s wie immer mit Neuigkeiten des OB.
Herr Ursu hat gute Nachrichten aus dem Klinikum. Das Krankenhaus am Rande der Stadt erhält vom Freistaat knapp drei Millionen Euro. Davon wird ein zweiter Linksherzkathetermessplatz angeschafft. Mit dem Gerät untersucht man Herzkranzgefäße. Für die schnelle Versorgung von Herzinfarkt-Patienten ein Gewinn. Eine Auszeichnung gab es für die Pflegekräfte der Station A1 in der Unfallchirurgie und Orthopädie. Sie sind Sachsen-Sieger im Wettbewerb „Deutschlands beliebteste Pflegeprofis“. Herzlichen Glückwunsch.

Positive Nachrichten auch für Görliwood. Aktuell ist ein Filmteam in der Stadt. Gedreht wird „Die Schule der magischen Tiere“ derzeit im ehemaligen Kaufhaus. Octavian Ursu berichtet von Gesprächen mit Produzenten und Regisseuren vor Ort. Görlitz wird als Produktionsstandort geschätzt. Die Möglichkeiten der Filmakademie haben sich herumgesprochen. Film wird ein Wirtschaftsfaktor in der Stadt.

Ein Anlass zur Freude ist auch jedes Jahr die Begrüßung der neuen Azubis und Studenten. Darunter ist in diesem Jahr eine Studentin für Digitale Verwaltung. Sehr gut, dass das Rathaus Fachleute für Digitales selbst ausbildet. Zwei Absolventen dieses Studienfachs bleiben der Stadtverwaltung erhalten. Sie widerstanden den Lockrufen der großen weiten Welt.

Danach befassen wir uns mit dem Haushalt.

Oberbürgermeister Ursu erläutert die besonderen Umstände des spät fertig gestellten Etats. Er ist geprägt von den Auswirkungen der unerwarteten Gewerbesteuermillionen aus dem Birkenstockverkauf 2021. Die sorgten dafür, dass Görlitz für kurze Zeit als reiche Kommune galt. Reiche Kommunen bekommen keine Schlüsselzuweisungen vom Land und müssen kräftig an den Kreis und arme Gemeinden blechen. Sagenhafte 38 Millionen Euro hat Görlitz als Kreisumlage hingeblättert. 10 Millionen mehr als noch 2022. Außerdem wurden Kredite abgelöst, um Spielraum für die Zukunft zu haben. Den Rest brauchen wir, um das strukturelle Defizit auszugleichen. 2024 werden über 13 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Für die Folgejahre sieht es ähnlich verheerend aus. Keine Frage, wir brauchen ein Sparkonzept, um dieses strukturelle Minus anzugehen. Das Landratsamt hatte vor zwei Jahren schon angemahnt, dass der Personalbestand der Stadtverwaltung „kritisch zu hinterfragen“ sei. Dazu ist vom OB leider nichts zu vernehmen. Stattdessen kündigt er an, dass Abgaben und Gebühren neu berechnet werden müssen.

Die Stadt Görlitz nutzt den Spielraum, den es jetzt noch gibt. Es wird investiert. Begonnene Projekte werden fortgeführt, wie die Sanierung der Grundschule Königshufen und der Bau des Gewerbegebietes Schlauroth. Ja, auch die Stadthalle zählt dazu. Sie allein bindet 10 Millionen Euro Investitionsmittel bis zum Jahr 2027. Und niemand weiß, ob das überhaupt reichen wird.

Neue Vorhaben gibt es auch:

  • Das Förderschulzentrum Königshufen wird saniert.
  • Wir bleiben dran am Bau einer neuen Oberschule mit Turnhalle auf dem Schlachthofgelände. Der OB hofft auf Fördermittel im nächsten Jahr. Die Eigenmittel von gut zwölf Millionen Euro sollen über einen Kredit finanziert werden.
  • Die Sanierung des Elisabethplatzes beginnt nun endlich.
  • Ebenfalls auf der Agenda steht die Sanierung der Außensportanlage Hirschwinkel, die allerdings nicht vor 2026 fertig sein dürfte. Spannend wird auch sein, wann die Dachreparatur der Jahnsporthalle erfolgt.
  • Kleinere Maßnahmen dürften auch für Aufatmen sorgen. Etwa die lange geforderte Stützwand für die Friedersdorfer Straße, Schallschutz an Görlitzer Schulen, Umgestaltung von Schulhöfen oder der barrierefreie Umbau der Haltestellen.
  • Ein positives Husarenstück ist die Sanierung der Pließnitzbrücke in Hagenwerder. Sie erfolgt ohne Fördermittel. Seitdem die Brücke gesperrt werden musste, sind die Hagenwerdaer abgeschnitten vom Friedhof und dem Sportplatz. Weite Umwege sind die Folge. Der Ortschaftsrat setzte sich durch: Nicht ewig warten auf Fördermittel, sondern die kostengünstigste Variante selbst in Angriff nehmen. Das wird nun eine Fußgänger-Brücke. Für Radler ein Extraschuss Adrenalin, wenn sie zukünftig illegal über die Bohlen brettern.

Nachdem die Verwaltung den Etat präsentiert hat, reden die Fraktionen. Das sind grundsätzliche Dinge. Je nach Ausrichtung. Bei der AfD gibt’s viel Bundespolitik, selbst die Zinspolitik der EZB wird aufgegriffen. Fraktionsführer Jankus braucht ein wenig, bis er im Ätz-Modus ist und allen anderen Fraktionen vorwirft, sie hätten lediglich Sandmännchen-Anträge eingereicht, mit denen den Leuten Sand in die Augen gestreut wird, die aber nichts verbessern.

Matthias Urban vertritt CDU-Fraktionschef Dieter Gleisberg. Er sieht die Welt schon deutlich bunter als Herr Jankus und freut sich, dass trotz aller Schwierigkeiten an Projekten drangeblieben wird. Wertvoll finde ich seinen Hinweis, dass ein weiterer Personalaufwuchs nicht machbar ist, da wir sonst handlungsunfähig werden. Er kündigt an, dass dazu eine Initiative der CDU kommt.

Für die Bürger für Görlitz geht das Duo Yvonne Reich/Karsten Günther-Töpert ans Mikro. Die Fraktionsvorsitzenden betonen, dass gewachsene Strukturen gepflegt werden und nennen beispielhaft Tierpark, Musikschule, Familienbüro und soziokulturelles Zentrum. Mit Blick auf Änderungsanträge der AfD sagt Frau Reich: „Wir müssen nicht aushalten, dass Projekte, die dem Zusammenleben in der Stadt dienen, torpediert werden.“ Für sie ist Görlitz eine Leuchtturmstadt, die positiv in die Region strahlen soll.

Karsten Günther-Töpert erläutert, dass die BfG-Fraktion diesmal keine großen Anträge eingereicht hat. So würde sie gern ein Außenbecken für die Schwimmhalle in Angriff nehmen. Nur ist dafür keine Finanzierung in Sicht. Mit Blick auf das Theater fordert er vom Landkreis und der Stadt Zittau als Gesellschafter den nötigen Zuschuss zu erhöhen, wie wir das als Stadt Görlitz mit diesem Haushalt praktizieren.

Jana Lübeck von den Linken bedauert in ihrer Haushaltsrede, dass erst in den letzten Tagen vor der Sitzung Anträge eingingen und diskutiert wurden. Sie habe dafür keine Energie, da sie noch nicht verrentet ist und sich in vielen Projekten engagiert. Die Schelte geht ins Leere, weil die Linken völlig ohne eigene Verbesserungsvorschläge für den Haushalt kommen. Taktisch vielleicht etwas suboptimal. Unterschreiben kann ich dennoch einige ihrer Worte. Etwa zum Thema Stadthalle, den sie als Eisberg bezeichnet, auf den die Stadt zusteuert.

Ich habe ebenfalls das Vergnügen für die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne vor dem Stadtrat eine Haushaltsrede zu halten. Dabei setze ich auf Optimismus. Die Ausgangslage von Görlitz für die künftige Entwicklung ist besser als uns einige weismachen wollen. Wir wachsen. Vor zwei Jahren, als wir den letzten Haushalt diskutierten, waren wir noch 1000 Menschen weniger im Städtchen. Görlitz genießt einen guten Ruf, wird überregional immer bekannter, die Gästezahlen steigen. Ansiedlungen wie die des Deutschen Zentrums für Astrophysik – DZA – werden langfristig einen unschätzbaren Impuls geben, auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Fachleute, Wissenschaftler aus dem In- und Ausland brauchen eine intakte Stadt. Da sind wir nicht optimal aufgestellt. Wir schieben Wartungen in Millionenhöhe vor uns her. In Kitas und Schulen, auf Sportstätten und Spielplätzen, in öffentlichen Einrichtungen und dem Rathaus. Rathaus? Ja klar. Das fällt bald auseinander, dennoch traut sich niemand ran, weil wir so viele andere Baustellen haben. Aber wir müssen loslegen. Wie wollen wir sonst im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen, wenn nicht nur der Blick aus dem Fenster, sondern auch der Arbeitsplatz selbst mittelalterlich anmutet? Positiv: Es ist ein Paradigmenwechsel erkennbar. Für Werterhalt wurde mehr Geld eingeplant.

Kritisch sieht unsere Fraktion weiterhin das Projekt Stadthalle. So wünschenswert eine moderne Veranstaltungshalle ist, bleibt die Frage unbeantwortet, wie wir den Betrieb finanzieren – zusätzlich zu den vielen freiwilligen Aufgaben. Die Sanierung bindet mittlerweile städtisches Geld von 10 Millionen Euro bis 2027. Stadthallengarten, Straßenbau und Parkhaus kommen noch obendrauf. Geld, das uns zum Beispiel fehlt, unseren Strand am Berzdorfer See auf ein mitteleuropäisches Sanitärniveau zu bringen oder die Jahn-Turnhalle zu sanieren.

Unser großer Dank geht an die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung. Sie stehen uns nicht nur im Rahmen der Haushaltsberatungen mit ihrem Wissen zur Seite. Wir werden weiter an uns arbeiten, um auch in heißen Diskussionen mit der nötigen Wertschätzung aufzutreten. Auch wenn wir bisweilen unterschiedlicher Meinung über den Weg sind, eint uns das Ziel: Eine gute Zukunft für unser Görlitz.

Die Dramaturgie sieht vor, dass nach den Haushaltsreden die Einwände von Bürgern abgestimmt werden. Die Möglichkeit dazu hatten alle. Der Etatentwurf lag aus und war online verfügbar. 18 Leute haben das genutzt. Gleich sieben Einwände gibt es zum Thema Sauberkeit. Es werden mehr Mülleimer und Hundetütenspender gewünscht, Müllkübel sollen öfter geleert werden. Eine Sauberkeits-Kampagne soll her. Ebenso mehr Geld für öffentliche Toiletten und Müllsammelaktionen.

Alle Einwände sind berechtigt. Wir befinden uns aber mitten in einem Prozess der Bürgerbeteiligung namens „Sauberes Görlitz“ und wollen diesen erst abschließen. Ende September ist bereits die Auswertung vorgesehen. Danach können wir über konkrete Maßnahmen sprechen und die Vorschläge aufgreifen. Deshalb empfiehlt die Verwaltung, die Einwände zurückzuweisen. Dem schließt sich die große Mehrheit an.

Einen Stadthallen-Einwand gibt es diesmal auch. Aufgrund der Haushaltslage und der unklaren Finanzierung sollten die Mittel für die Stadthalle nicht verbraucht, sondern als Rücklage für die vorhandene Infrastruktur behalten werden. Damit könnten Kostensteigerungen bei wichtigen Projekten abgefedert werden. Falls das nicht möglich ist, schlägt der Einwand vor, das Projekt mit einer Ausgabensperre zu belegen, bis die Finanzierung für Bau und Betrieb feststeht. Ein sehr fundierter Beitrag, der unserer Fraktion aus der Seele spricht. Wir stimmen zu, die Linken ebenfalls. BfG, CDU und AfD sind erwartungsgemäß gegen den Einwand. Damit ist er abgelehnt.

Der letzte Einwand schlägt vor, der Telefon-Seelsorge Oberlausitz, Dienststelle Görlitz einen jährlichen Zuschuss von 1.500 Euro zu zahlen. Damit würde Görlitz es wie Bautzen handhaben. Die Verwaltung erklärt, dass die Summe aus einem vorhandenen Budget genommen werden kann. Es ist also kein zusätzliches Geld nötig. Der Einwand wird angenommen.

Pause.

Danach Änderungsanträge zum Haushalt. Die Verwaltung legt los. Wir nehmen 30.000 Euro Eigenmittel für den Dorfteich Schlauroth in den Etat auf und stocken den Ansatz für die Straßenreinigung erheblich auf – um 140.000 Euro. Die Angebote machen es nötig.

Jetzt diskutieren wir Änderungsanträge, die von mehreren Fraktionen zum selben Thema eingebracht wurden.

Tierpark

Unsere beliebteste Freizeiteinrichtung hat allen Fraktionen vorgerechnet, dass sie 165.000 Euro mehr Zuschuss jährlich braucht. Mindestlohn und Energiepreise sind wesentliche Faktoren. Macht einen jährlichen Zuschussbedarf von 630.000 Euro. Den schlagen alle Fraktionen vor – bis auf die Linke. Für uns begründet Dr. Jana Krauß (Bündnisgrüne): „Der Tierpark ist einer der Orte, wo alle Generationen Erholung finden.“ Sie lobt das Engagement für Artenschutz und Artenvielfalt. Am weitreichendsten ist der Antrag der Bürger für Görlitz, die eine jährliche Dynamisierung von 1% ab 2024 vorschlagen. Deshalb wird über diesen Antrag zuerst abgestimmt. Einstimmig angenommen.

Für die Musikschule beantragt die AfD 133.000 Euro mehr Jahreszuschuss, was abgelehnt wird. Denn die Einrichtung hat sowohl CDU als auch BfG in Gesprächen versichert, dass eine Erhöhung um 60.000 Euro auf dann 400.000 Euro jährlich ausreicht. Beide Fraktionen stellen Anträge in entsprechender Höhe. Der Stadtrat folgt einstimmig.

Auch beim Zuschuss für Ferienfahrten gibt es mehrere Anträge. Die AfD will den Etat von 8.000 Euro auf 10.000 Euro erhöhen. Die Bürger für Görlitz bieten mehr und schlagen 11.000 Euro vor. Der Stadtrat stellt sich hinter den Antrag von BfG.

Danach folgen die einzelnen Änderungsanträge der Fraktionen. Das ist eine mühsame Angelegenheit. Fassen wir zuerst zusammen, was die AfD alles möchte – und nicht durchbekommt:

Streichen möchte die AfD komplett die Gelder für:

  • Betreibung des Helenenbades
  • Soziokulturelles Zentrum
  • Projekt „Engagierte Stadt“
  • Projekt „Partnerschaft für Demokratie“
  • Zuschuss für Kleingartenverband
  • Eigenmittel für „European Energy Award“

Alles, was nicht ins Weltbild der Rechten passt oder was sie nicht verstehen, soll gestrichen werden. Lutz Jankus erklärt aus voller Brust: „Was für uns keinen Mehrwert hat, kann weg.“

Es wird deutlich, dass die AfD zumeist gar nicht weiß, was die Projekte und Einrichtungen leisten oder welche Vertragsverhältnisse es gibt. Hauptsache der Sound wummert. Der Betreiberverein des soziokulturellen Zentrums wird von Sebastian Wippel als „linksextrem“ bezeichnet. Angeblich würde es dort nur Angebote für eine Klientel geben, Ältere fänden gar nichts, monieren die Rechten. Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor) erinnert daran, dass es zum Soziokulturellen Zentrum einen Vortrag im Ausschuss gab. Da saßen sogar Vertreter der AfD drin. Haben aber offensichtlich nicht weitergetragen, dass es eine bunte Mischung der Nutzer gibt.

Teilweise sind die Begründungen für das Streichkonzert der AfD komplett abstrus. Das Helenenbad brauche keine Zuschüsse mehr, „weil wir ab 2025 eh kein Geld mehr haben“, sagt Lutz Jankus, ehemaliger Zukunftsoptimist.

Derselbe Lutz ist es auch, der uns erklärt, warum das komplette Programm „Partnerschaft für Demokratie“ finanziell auf null gefahren werden soll: Weil das Rechnungsprüfungsamt bei einigen Trägern Fehler in der finanziellen Abwicklung monierte. Fehlerkultur a la AfD-Fraktion, deren Mitglieder bekanntlich alle eine blütenweiße Weste haben.

Als auch noch die „Engagierte Stadt“ als „unnütz“ abgetan wird, platzt meiner Kollegin Jana Krauß endgültig der Kragen: „Das ist der x-te Vorschlag, der gegen alles ist, was eine Gemeinschaft in einer Stadt ausmacht. Sie wollen das Miteinander zerstören!“

Der Stadtrat lässt das aber nicht zu. Es gibt keine einzige Stimme aus einer anderen Fraktion für einen AfD-Streichvorschlag. Das gilt auch für alle weiteren Änderungsanträge der Blauen. Wie die acht (!) zusätzlichen Stellen fürs Ordnungsamt. Oder die Kürzung der Gelder für Baumpflanzungen.

Auch die Einführung eines pauschalen Zuschusses fürs Tierheim wird abgelehnt. So sehr wir uns für Tiere einsetzen. Einfach mal zwei Euro je Einwohner ansetzen – das ist keine solide Politik. Bezahlt wird nach Bedarf, erklärt uns Ordnungsamtsleiter Uwe Restetzki. Es gibt einen Vertrag mit dem Tierheim für die Unterbringung von Fundtieren. Derzeit werden 28 Tage zu einem festen Satz bezahlt. Änderungen müssten vertraglich festgelegt werden. Eine Zuarbeit zu den Kosten des Tierheims wurde angefragt, fehlt aber noch. In jedem Fall ist es so, dass es nie einen gleichbleibenden Betrag gibt, den die Stadt ans Tierheim zahlt. Die Summe richtet sich nach der Anzahl der Tiere und der Dauer ihres Aufenthaltes.

Besonders ins Zeug legt sich Lutz Jankus schließlich, als er beantragt, rund 20.000 Euro für die Instandhaltung des Bismarck-Turmes auf der Landeskrone einzuplanen. Interessante Begründung: Bismarck vermittle Geschichte. Auf ihn geht die Gründung des Deutschen Reiches zurück, in dem wir – nach Jankus‘ Ansicht – heute noch leben. Was kommt als nächstes? Leben wir doch auf einer Scheibe?

Auf die wenig ertragreiche Vorstellung der AfD folgt die CDU mit ihren Vorschlägen.

Die Sportförderung soll um 28.000 Euro steigen auf knapp 240.000 Euro jährlich. Dazu hatten wir uns im Sportausschuss überfraktionell verständigt. Die von der Verwaltung vorgesehene Summe hätte nicht ausgereicht, um die Vereine wie in den Vorjahren anteilig zu fördern, etwa bei den Betriebskosten, bei Wettkämpfen oder Investitionen. Abstriche wären auch bei der Kinder- und Jugendpauschale nötig geworden. Der Sportausschuss war auf Kurs 220.000 Euro. Ich finde es gut, dass die CDU die Sportförderung angesichts der Kostensteigerungen zukunftsfest machen möchte und noch 20.000 Euro mehr veranschlagt hat. Bis auf die Linken sehen das auch alle anderen Fraktionen so und stimmen zu.

Ebenfalls dem Sport zugute kommen knapp 10.000 Euro. Sie werden im Neißebad benötigt, um an der sonnigen Fensterfront einen Blend- und Hitzeschutz anzubringen. Besonders in den Nachmittagsstunden ist die Sicht stark eingeschränkt – auch für das Aufsichtspersonal. Der Stadtrat stimmt einstimmig für den CDU-Vorschlag.

15.000 Euro gibt es auf Antrag der CDU für eine Studie, die für den Brandschutzbedarfsplan gebraucht wird. Unsere Feuerwehrchefin Anja Weigel, stimmlich angeschlagen, erläutert: Wir brauchen Kompensationsmaßnahmen für Klingewalde, wo es keinen Feuerwehrstandort mehr gibt. Eine externe Beauftragung verkürzt den Prozess und bietet objektive Ergebnisse.“ Auch das wird einstimmig beschlossen.

Anschließend beantragt die Fraktion Bürger für Görlitz einen jährlichen Zuschuss für den Europamarathon e.V. von 25.000 Euro. 2023 fließt das Geld anteilig. Macht rund 8.300 Euro. Es geht darum, diese Großveranstaltung auch künftig abzusichern. Man muss sich das mal vorstellen: Für den Europamarathon sind rund 200 Helfer zu koordinieren. Im Vorfeld gibt es Abstimmungen mit zig Ämtern und Behörden, mit Rettungs- und Sicherheitskräften. Diesen Aufwand ausschließlich im Ehrenamt abzudecken, wird künftig kaum noch funktionieren. Es fällt jetzt schon schwer, die in die Jahre kommenden Mütter und Väter des Europamarathon e.V. durch neue Mitglieder zu entlasten. Wir stimmen mehrheitlich dem Antrag zu. Die Linke ist dagegen. Das Geld ist an ein Konzept gebunden, das der Verein noch erarbeiten soll.

Dann ist unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne an der Reihe.

Schon lange fordern wir, dass am Nordoststrand des Berzdorfer Sees Wasser und Abwasser anliegen und die Toilettensituation an den Bedarf angepasst wird. Die Stadtverwaltung möchte diese Arbeiten erst 2026 im Rahmen eines großen Förderprojektes in Angriff nehmen. Dies hätte zur Folge, dass die derzeitige unbefriedigende Notlösung weitere Jahre anhält. Bis zur Errichtung eines festen Sanitärtraktes soll ein ausreichend großer WC-Container aufgestellt werden. Mit fließend Wasser. Das sehen alle anderen Fraktionen ebenso. Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Als nächstes beantragen wir 15.000 Euro für eine temporäre Basketballanlage auf dem Sportplatz Hirschwinkel. Das beliebte Areal für Freizeitsportler ist wegen defekten Bodens gesperrt und soll erst in ca. drei Jahren im Rahmen eines Förderprojektes saniert werden. Ursprünglich wollten wir diese Sanierung komplett aus Eigenmitteln beantragen. Dafür fehlt schlicht die Kohle. Um zumindest das Basketballspielen zu ermöglichen, schlagen wir vor, eine kleine Anlage mit einem Korb auf der befestigten Fläche an der Turnhalle zu errichten. Bis auf die AfD finden das alle prima. Vielen Dank für die Unterstützung.

Der dritte Antrag beschäftigt sich mit den Beschäftigten der Verwaltung. Wir wollen 25.000 Euro einstellen, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu ermitteln. Das ist Basis für weiterführende Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation in der Stadtverwaltung, höhere Zufriedenheit, weniger Fluktuation. Der OB freut sich über den Vorschlag, bittet aber darum, das Budget zusätzlich für das betriebliche Gesundheitsmanagement nutzen zu können. Das wäre auch Wunsch des Personalrates. Dem wollen wir uns nicht verwehren. Eine Mehrheit sieht das genauso. Bei acht Gegenstimmen und drei Enthaltungen wird der Vorschlag angenommen.

Wir biegen in die Zielgerade ein mit unserem vorletzten Vorschlag. Die Präsentationstechnik in den großen Sälen im Rathaus und der Jägerkaserne ist hoffnungslos veraltet. Danilo Kuscher schlägt vor, die Technik zu erneuern und dafür 10.000 Euro einzuplanen. Auch hier bedankt sich der OB, erläutert aber, dass 20.000 Euro nötig sind, um beide großen Säle auszustatten. „Wenn Sie dem Antrag zustimmen wollen, so wäre meine Bitte, 20.000 Euro einzustellen“, sagt er in Richtung Danilo Kuscher.

Nun wird es wild. Sebastian Wippel meldet sich und erklärt: „Ich beantrage, dass wir über den Antrag von 20.000 Euro abstimmen und nicht über 10.000 Euro.“ Verwirrung im Saal. Denn das hatte doch wenige Augenblicke zuvor der OB bereits beantragt. Selbst wenn es in eine höfliche Bitte gekleidet war. Danilo Kuscher hat das Schlusswort (und konnte aufgrund der beschlossenen Redezeitregelung gar nicht früher auf den Oberbürgermeister reagieren). „Wir nehmen ihren Vorschlag an“, gibt er dem OB zu verstehen. Darüber wird abgestimmt. Der Rat zeigt sich bei der Frage gespalten. Entsprechend geht es aus. 13:13 bei einigen Enthaltungen. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.

Damit könnten wir es bewenden lassen. So geht Demokratie. Sebastian Wippel und die Juristen der AfD-Fraktion aber möchten noch unser aller Zeit vergeuden – es ist mittlerweile 22 Uhr. Sie führen ein absurdes Stück auf. Und das geht so: Nachdem der Stadtrat mehrheitlich – mit Nein-Stimmen auch aus der AfD – die 20.000 Euro für Präsentationstechnik abgelehnt hat, soll nun noch über den Änderungsantrag von Herrn Wippel abgestimmt werden. Hä? Hatte der nicht haargenau dasselbe gefordert? 20.000 Euro für Präsentationstechnik? Was soll das ganze?

Am Ende ein leicht durchschaubares Manöver. Die rechten Herren wollen uns gern vorführen. Austesten, ob wir einen gleichlautenden Antrag ablehnen, weil er von der AfD kommt. Ich gebe dem Landtagsabgeordneten Wippel zu verstehen, dass ich nicht zustimmen werde und empfehle ihm, dass er sich für seine Schauspielversuche eine Laienspielgruppe suchen soll. Das ist freilich ungerecht. Gegenüber den Laienspielgruppen. Nach endlosem Hin und Her, aufgeblasener Juristerei, Konsultationen mit dem Justiziar, kommt die Runde zur Erkenntnis, dass der abgestimmte Antrag erledigt ist. Halleluja.

Letzter Akt: Wir wollen dem Grünflächenamt mehr Spielraum verschaffen. Wegen der neuen Grünanlagensatzung braucht es viele Schilder. Damit alle wissen, was verboten ist. Dafür stehen in der Projektliste des Haushaltes 80.000 Euro für das Jahr 2024 bei Spielplätzen. Für Grünanlagen sind von 2025 bis 2027 jährlich 40.000 Euro geplant. Macht insgesamt 200.000 Euro nur für Schilder. Es nicht nachvollziehbar, dass wir 44 Spielplätze topmodern beschildern, die Plätze selbst aber aufgrund fehlender Budgets nicht in Schuss halten können. Gleiches gilt für die 70 Parkanlagen.

Deshalb beantragen wir die Aufhebung der Zweckbindung für die Gelder. Damit hat das Fachamt die Möglichkeit, eine günstigere Variante für die Beschilderung zu wählen und bekommt Spielraum für nötige Instandsetzungen bzw. Ersatzbeschaffungen auf den öffentlichen Spielplätzen und Grünanlagen. Der Stadtrat stimmt bei drei Enthaltungen zu.

Damit sind alle Änderungsanträge durch. Es ist kurz vor halb 11. Wir beschließen den Haushalt 2023/24. AfD und Linke stimmen dagegen. CDU, Bürger für Görlitz, Bündnisgrüne und Motor sind dafür. Auf die anstrengende Sitzung wird mit einem überfraktionellen Bier im Herzen der Altstadt angestoßen. Prost, Demokratie.

 

Text und Foto: Mike Altmann

Wasserstoffbusse brauchen Infrastruktur

Die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne freut sich über den Test von Wasserstoffbussen in der Neißestadt. „Es gibt offenbar eine große Offenheit für solche Zukunftsthemen, wenn sie erlebbar sind und Verbesserungen bringen“, […]

Stadtratsblog #43: 29.6.2023

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Weitere Informationen

Letzte Sitzung vor der Sommerpause. Sie beginnt mit der Verleihung des Bauherrenpreises der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte. Ausgezeichnet werden hervorragende Sanierungen im historischen Stadtkern. Über eine Anerkennung und 500 Euro dürfen sich freuen: Das Projekt Obersteinweg 7 und der Güterbahnhof, der zur Waldorfschule umgebaut wurde. Der Bauherrenpreis, dotiert mit 1.500 Euro, geht an Mark Eidam und das Görlitzer Architekturbüro Beyer + Brussig für die Sanierung der Lunitz 6c. Das Haus, etwas zurückgesetzt in einer Flucht, führte lange ein Schattendasein. Nun wertet es die Nikolaivorstadt weiter auf. Herzlichen Glückwunsch allen Preisträgern.

 

Informationen des OB:

Octavian Ursu verkündet Positives: Der Kauf des Schlachthofgeländes ist in trockenen Tüchern. Das innerstädtische Gelände wurde von KommWohnen übernommen. Notartermin ist durch. Damit ist das Nostromo gerettet und wir haben einen Ort für Stadtentwicklung hinzugewonnen.

Neuigkeiten in Sachen Stadthalle erfährt die Öffentlichkeit von Baubürgermeister Benedikt Hummel. Da die avisierten Fördergelder in Höhe von 36 Millionen Euro nicht reichen (Baukosten werden auf über 50 Millionen Euro taxiert), wurde ein zusätzlicher Förderantrag im Programm KulturInvest gestellt. Dem Vernehmen nach erhofft sich die Stadtverwaltung 10 Millionen Euro für ein „Erweiterungsmodul Nachhaltigkeit“. Ob der Antrag Erfolg hat, wissen wir frühestens im Herbst.

 

Regelmäßig berichten uns im Stadtrat die Geschäftsführerinnen der städtischen Gesellschaften. Diesmal ist Ines Hofmann vom Städtischen Klinikum an der Reihe. Anlass sind die geplanten Gesetzesänderungen zur Krankenhausfinanzierung. Unser Städtisches Klinikum ist aktuell Schwerpunktversorger mit 550 Betten. Das soll nach dem neuen Sächsischen Krankenhausplan so bleiben. Görlitz hofft auf eine Ausweitung der Betten in der Tagesklinik (von 84 auf 91). Außerdem möchte das Klinikum das Leistungsspektrum um Palliativmedizin und Infektiologie erweitern und als Onkologisches Zentrum aufgenommen werden.

Ob sich die Wünsche erfüllen, ist fraglich. Derzeit warten alle gespannt auf das neue Krankenhausgesetz von Gesundheitsminister Lauterbach. Die Gespräche mit den Ländern gestalten sich zäh. Klar scheint: Es wird eine Einstufung der Krankenhäuser nach Leistungsgruppen geben. Nur wer festgelegte Qualitätskriterien erfüllt, bekommt bestimmte Behandlungen finanziert. Ines Hofmann geht davon aus, dass das Städtische Klinikum eine Level 3-Einstufung erhält (höchste Notfallstufe und viele Leistungsbereiche). Knackpunkt für zusätzliche Leistungsbereiche wird neben Investitionen in Großgeräte das Personal. Zwar ist das Haus im Görlitzer Norden breit aufgestellt. Es fehlt jedoch in der Tiefe an Ärzten und Pflegekräften. Auch beim Nachwuchs stockt es derzeit. Seit langer Zeit gehen die Bewerbungen deutlich zurück. Deshalb plädiert Ines Hofmann im Stadtrat dafür, Zuwanderung offensiv und positiv zu gestalten. „Wir brauchen ausländische Fachkräfte, auch Azubis, müssen sie und ihre Familien gut bei uns aufnehmen. Sonst wird es eng mit der Versorgung.“ Gut merken, wird später noch wichtig.

Ansonsten können wir auf kommunaler Ebene wenig tun. Vieles hängt am Land (Finanzierung von Investitionen und Förderung von Nachhaltigkeitsprojekten wie PV-Anlagen) und am Bund (noch immer werden die Leistungen nicht ausreichend bezahlt, die Bürokratie wird weiter zunehmen).

Bei allen Herausforderungen versteht es Ines Hofmann, Optimismus zu verbreiten. Unser Klinikum ist nicht in Gefahr, erbringt hervorragende Leistungen und ist als medizinischer Versorger im Kreis Görlitz nicht wegzudenken. Herzlichen Dank an die Chefin und ihr engagiertes Team im Krankenhaus am Rande der Stadt.

 

In der Fragestunde für Einwohner wünscht sich Kurz Bernert einen stärkeren Ausbau von Fernwärme in der westlichen Innenstadt. OB Ursu verweist auf einen späteren Tagesordnungspunkt, der sich mit dem Thema Wärmeplanung befasst.

Auch der Bürgerrat Weinhübel ist diesmal vertreten. Die Abordnung erkundigt sich, ob der Fußweg an der ehemaligen Schule Landheimstraße saniert wird. Das bestätigt Bauamtsleiter Torsten Tschage.

 

Es schließt sich die Fragestunde für Stadträte an.

Meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) freut sich, dass die Bürger bei der Suche nach neuen Fahrradständerstandorten direkt beteiligt werden. Sie bittet darum, noch besser zu erläutern, wie mitgemacht werden kann. OB Ursu sagt zu, dass noch mehr informiert und geworben wird. Auf unserer Seite gibt es eine kleine Anleitung für die Fahrrad-Parker-Aktion.

Lutz Jankus (AfD) gibt die besorgte Anfrage eines Bürgers weiter und möchte wissen, ob Görlitzer Kinder nicht in ihrer Wunschschule aufgenommen werden, weil es Kontingente für Ukrainer geben soll. Der Oberbürgermeister erläutert, dass das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) zuständig ist. Unter deren fachlicher Verantwortung stellen die Schulen ihre Kriterien auf, in welcher Reihenfolge die Wünsche erfüllt werden. Da spielen zum Beispiel Geschwisterkinder eine Rolle. Fakt ist: Da die Schulen mehr als ausgelastet sind, ist es nicht möglich, allen Kindern einen Platz in ihrer favorisierten Schule zu garantieren.

Jana Lübeck (Die Linke) entlastet mich und stellt eine Frage, die ich auch auf dem Zettel hatte: Wie ist der Stand des Projektes „Bau.Lust.Offensive“? Das Vorhaben ging auf eine Initiative der CDU-Fraktion zurück. Bereits Anfang 2022 bekam Görlitz einen Förderbescheid. Bis 2025 sollen vor allem Familien für die Sanierung von innerstädtischen Gebäuden und die Bildung von Eigentum gewonnen werden. Doch zu sehen oder zu hören ist nichts. Bürgermeister Hummel begründet: Das Gesamtprojekt ist immer noch in Abstimmung, die Zeitschiene beim Fördermittelgeber in Verzug geraten. Aktuell wurden die Ausschreibungen vorbereitet. Es heißt also auch bei der Baulust: Geduldig sein.

Jens Jäschke (vereinzelter AfD-Stadtrat) möchte mehr Schatten auf der Freizeitanlage Brautwiesenbogen. Herr Ursu informiert ihn, dass Bäume Zeit brauchen, um zu wachsen. Ob zusätzlich Sonnensegel installiert werden können, müsse man sich anschauen, so der OB. Außerdem kritisiert Jäschke, dass man nicht mehr auf den Turm der Landeskrone kommt und somit nicht den Ausblick genießen kann. OB Ursu wiederholt, was bekannt ist: Der neue Pächter möchte umfangreich sanieren. Außerdem gibt es fortlaufende Gespräche mit der Naturschutzbehörde wegen der hoch gewachsenen Bäume. Freie Sicht auf das Görlitzer Panorama scheint wohl nicht so einfach umzusetzen sein.

 

Weiter geht’s mit einem Zahlensalat, der nicht unbedingt bekömmlich ist. Finanzchefin Birgit Peschel-Martin bringt offiziell den Doppelhaushalt 2023/24 ein. Ich gehe nur auf einige Eckdaten ein. Die große Diskussion und den Beschluss gibt es erst Ende August.

Der Haushalt 23/24 ist ein Sonderfall in der jüngeren Stadtgeschichte. Durch die einmalige Sonderzahlung von Birkenstock (Gewerbesteuer für Verkaufserlöse) im Jahr 2021 gilt Görlitz 2023 offiziell als reich. Fachbegriff: abundante Kommune. Das bedeutet, dass wir keine Schlüsselzuweisungen vom Freistaat bekommen und mehr Geld abdrücken müssen an den Kreis und für die Kulturumlage. 65 Millionen Euro hatten wir 2022 auf dem Konto. Diese Rücklage reicht bis Ende 2024. Ab 2025 hat Görlitz keine Reserven mehr. Das ist gerade jetzt blöd. Denn die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht weiter auseinander. Pro Jahr machen wir ab 2024 rund 10 bis 15 Millionen Euro pro Jahr Miese. Tendenz steigend.

Trotz angespannter Haushaltslage wollen wir investieren. Worin genau, auch das ist Thema unserer Diskussionen im August. Die Verwaltung plant vor allem mit Hilfe von Fördermitteln Gesamtinvestitionen 2023/24 in Höhe von 45 Millionen Euro. Das werden spannende Haushaltsdiskussionen.

Der Haushaltsentwurf ist übrigens wieder online abrufbar. Meine Kollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne) bittet in der Sitzung darum. Zwar ist die offizielle Frist für die „Auslegung“ vorbei. Die Görlitzer können aber bis 5. Juli noch Einwände geltend machen. So lange soll das Dokument nun auch abrufbar sein.

 

Es folgen die Beschlussfassungen.

Zunächst stimmen wir einer Vorschlagsliste für Schöffen in der Stadt Görlitz zu. Reine Formalie. Das Amtsgericht prüft die Bewerbungen und trifft die finale Entscheidung. Danke an die über 100 Frauen und Männer, die sich für den Zeitraum 2024-2028 zur Verfügung stellen wollen.

 

Wahl einer Protokollführerin für die Schiedsstelle 3
Kerstin Irmscher wird mit sofortiger Wirkung für die Dauer von fünf Jahren als Protokollführerin der Schiedsstelle 3 der Stadt Görlitz gewählt. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank fürs Engagement.

 

Vorfristige Mittelfreigabe für die Planungsleistungen zur Umsetzung der FöriGanzInvest
Hinter „FöriGanzInvest“ steckt ein Förderprogramm, mit dem Infrastruktur für Ganztagsangebote finanziert wird. Die Stadtverwaltung hat drei Module vorbereitet, die an den Landkreis gemeldet werden. Dieser wiederum reicht eine Vorhabenliste beim zuständigen Ministerium ein. Bis zur Förderung ist es ein weiter und unsicherer Weg. Was haben wir vor:

  1. Schallschutz verbessern (Melanchthon-Grundschule und Grundschule August-Moritz-Böttcher)

Das pädagogische Personal klagt über Lärmbelastung. Insgesamt acht Räume in den Grundschulgebäuden, die durch die Horteinrichtungen „CityKids“ und „Melanchthon-Hort“ in Doppelnutzung sind, sollen verschiedene Schallschutzmaßnahmen erhalten.

  1. Umgestaltung der Schulhöfe Diesterwegschule und Nikolaischule

Hier sollen die schlechten Zustände behoben und die Unfallgefahren beseitigt werden. Natürlich braucht es für Ganztagsangebote auch attraktive Flächen. Es liegen bereits erste Konzepte vor, die beispielsweise einen kleinen Fußballplatz, Grünflächen, Klettergerüste, Trampolins und einen Turm mit Rutsche vorsehen.

  1. Erneuerung der Außensportanlage am Hirschwinkel

Das derzeit gesperrte Freizeitareal (Bolzplatz und Basketball) soll saniert werden und anschließend für Grundschulen als Ganztagsort zur Verfügung stehen. Das lässt sich mit der „privaten“ Nutzung gut vereinbaren. Die Schulangebote enden im Regelfall gegen 15.30 Uhr. Leider ist das Projekt zeitlich spät eingeordnet. Sanierung im Jahr 2026. Damit würde die Anlage weitere drei bis vier Jahre gesperrt bleiben. Zwar sollen die Tore fürs Fußballspielen vom Bolzplatz auf das Rasenstück an der Turnhalle verlegt werden. Es fehlt aber speziell an Basketballplätzen, insbesondere in der Altstadt und Nikolaivorstadt. Unsere Fraktion hofft, dass wir im Zuge der Haushaltsdiskussionen noch eine Möglichkeit finden, den Sportplatz am Hirschwinkel zeitlich nach vorn zu ziehen.

Unsere Idee, Ballspielplatten als kostengünstige Variante auf dem verschlissenen Untergrund zu verlegen, wird von der Stadtverwaltung nicht empfohlen. Zu unsicher aufgrund der großen Fläche und des unebenen Untergrunds, sagen Ingenieurbüros.

Der Beschluss wird mit wenigen Enthaltungen einstimmig gefasst.

 

Baubeschluss „Gesamtsanierung Förderschulzentrum Königshufen 5. BA“
Wir arbeiten weiter daran, unsere Schulen zu modernisieren. Nächstes Haus ist das Förderschulzentrum „Mira Lobe“ in Königshufen. Im März 2024 soll mit der Gesamtsanierung begonnen werden. Dafür werden die Schüler in den Winterferien ein Ausweichobjekt in Weinhübel beziehen. Ähnlich funktionierte das bereits mit der Grundschule Königshufen. Die Fertigstellung ist im September 2025 geplant. Somit könnte in den Herbstferien das frisch sanierte Objekt wieder bezogen werden.

7 Millionen Euro kostet die Sanierung, knapp 3 Millionen Euro sind städtische Gelder. Den Rest zahlt der Freistaat. Dafür gibt’s jede Menge Modernisierung: Dach, Regenentwässerung, energetische Sanierung (Dämmung und Außenjalousien), Heizung, Sanitär und Elektro, Digitalisierung, Bodenbeläge, Akustik, Brandschutz in Klassenzimmern, kleiner Aufzug vom Hof zum Erdgeschoss für Kinder mit Behinderung, breitere Türen, höhere Geländer, Verdunklungen, etc.

Nicht enthalten in den Arbeiten ist eine Photovoltaikanlage. Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor Görlitz) bittet darum, dies nicht aus den Augen zu verlieren. Vor allem weil wir es hier mit einer großen Dachfläche außerhalb von denkmalgeschützten Arealen zu tun haben. Bürgermeister Hummel sagt das zu. Eine solche Anlage wäre nachrüstbar. Es ist ihm ebenfalls wichtig, dass wir diese Fragen stärker beachten.

 

Aufhebung der Ausschreibung Straßenreinigung und Neuausschreibung der Leistungen
Ab 2024 brauchen wir einen neuen Vertragspartner, der unsere Straßen reinigt. Dafür hatte die Stadtverwaltung eine europaweite Ausschreibung für einen Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt. Leider gab es nur ein Angebot, was viel zu teuer war. Deshalb soll die Ausschreibung wiederholt werden. Diesmal nur für zwei Jahre plus ein Jahr Verlängerungsoption.

Wir stimmen zu. Knirschen aber mit den Zähnen. Jana Krauß erinnert daran, dass unsere Fraktion bereits im Dezember 2022 vorgeschlagen hatte, die Laufzeit zu verkürzen und ggf. auch mehrere Lose auszuschreiben, getrennt nach maschinellen und manuellen Arbeiten. (Nachzulesen im Protokoll unter Punkt 3.4) Damit wollten wir die Chance auf mehr wirtschaftliche Angebote erhöhen. Das wurde damals verworfen bzw. – und das ist das eigentlich Ärgerliche – nicht weiter untersucht. „Wir machen uns wirklich Gedanken und werfen nicht einfach etwas in den Raum, um zu stören“, sagt Jana. Bürgermeister Benedikt Hummel sieht es etwas anders. Unsere Hinweise seien aufgenommen worden, man habe sie diskutiert, sei aber zu anderen Schlüssen gekommen.

Wie auch immer. Jetzt heißt es Daumen drücken, dass die neue Ausschreibung ein gutes Ergebnis bringt. Perspektivisch müssen wir uns ohnehin damit befassen, wie wir diese Dienstleistungen künftig absichern. Zittau etwa macht das mit seiner eigenen Gesellschaft. Auch das ist eine Option, wenn die Preise der Dienstleister weiter in den Himmel schießen.

Bei vier Enthaltungen wird die Vorlage angenommen.

 

Vorbereitung einer Kommunalen Wärmeplanung für die Stadt Görlitz
Ein Antrag der Fraktion Bürger für Görlitz, zu der Prof. Joachim Schulze von Bündnis90/Die Grünen gehört. Er verweist darauf, dass die Kommunale Wärmeplanung als gesetzliche Vorschrift kommen wird. Auch wenn wir heute noch nicht alle Einzelheiten kennen, sollten wir uns auf den Weg machen. Das ist klug. Wenn für alle Kommunen eine solche Wärmeplanung zur Pflicht wird, werden die Ressourcen knapp. Für viele fachliche Fragen braucht es externe Unterstützung. Also jetzt loslegen und recherchieren, was wir an Ressourcen benötigen, wie die Finanzierung ausschaut, welcher Zeitplan realistisch ist und wie wir die Bürgerschaft beteiligen können. Mit Hilfe dieser Angaben können wir konkret werden mit der Wärmeplanung. Etwa ein halbes Jahr dürften diese vorbereitenden Dinge dauern. In der Zwischenzeit wird es ein Bundesgesetz geben und wir haben Klarheit über die Förderlandschaft.

Erwartungsgemäß machen die Blauen daraus eine ideologische Veranstaltung. Jens Jäschke zeigt auf Kohlekraftwerke in China und will deshalb nicht zustimmen. (Dass China uns bei Erneuerbaren meilenweit voraus ist, ist offensichtlich noch nicht bis in seine gute Stube durchgedrungen.) Er stellt einen Änderungsantrag. Die Wärmeplanung soll es nur für städtische Gebäude geben. Als käme der Vorschlag direkt aus Absurdistan. Entsprechend fällt die Zustimmung sehr überschaubar aus.

Eine Stimme der Vernunft ertönt aus der CDU-Fraktion. Matthias Schöneich erklärt, dass wir uns längst auf den Weg gemacht haben, und verweist auf das Vorhaben einer   grenzüberschreitenden Versorgung von Görlitz und Zgorzelec. Wärmeplanung sei keine Vorschrift, eher eine Hilfe.

Mirko Schultze (Die Linke): Wärmeplanung gängelt nicht, sondern unterstützt bei Investitionsplanungen (u.a. auch unsere Gesellschaft Kommwohnen).

Jana Krauß (Motor Görlitz/Bündnisgrüne): Das ist ein wichtiges Instrument der Stadtentwicklung. Eine Förderung ist zu 100% vorgesehen. Wir müssen uns an die sich verändernde Welt anpassen. Das bedeutet, dass wir künftig nicht nur Energie zum Heizen, sondern auch zum Kühlen benötigen werden.

Karsten Günther-Töpert (BfG): Es wird fünf bis sechs Monate dauern, bis wir überhaupt vorbereitet für Förderanträge sind.

Oberbürgermeister Ursu bekommt einen ergänzenden Passus in den Beschluss. Somit ist festgeschrieben, dass wir nicht über gesetzlich verordnete Maßnahmen hinausgehen und es zu keiner Mehrbelastung kommt. Eigentlich unnötig an der Stelle. Das ist Thema für den nächsten Schritt. Da es aber auch nicht wirklich schadet, übernimmt BfG den OB-Vorschlag und wir stimmen ab.

Bei drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen ist eine große Mehrheit dafür. Darunter – etwas überraschend – auch Lutz Jankus (AfD).

 

Beschlussantrag auf Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels für die Große Kreisstadt Görlitz Die AfD will den OB beauftragen, einen qualifizierten Mietspiegel bis Jahresende zu erstellen. Damit soll das bestehende Gesetz, das zum 1.1.23 in Kraft getreten ist, umgesetzt werden. Und das ist der Knackpunkt: „Einen OB zur Einhaltung der Gesetze zu verpflichten, ist eigenartig“, stellt der Behindertenbeauftragte Michael Hannich (CDU) fest. Zumal Octavian Ursu erklärt, dass die Stadtverwaltung bereits mit der Erarbeitung eines qualifizierten Mietspiegels beschäftigt sei. Zur Frage der Finanzierung führe er Gespräche mit Dresden. Entgegen den Aussagen der AfD gebe es keinen Automatismus für die Kostenübernahme. Insofern ist der Antrag überflüssig, wie meine Kollegin Jana Krauß feststellt.

Ein stückweit kann ich den Ärger der AfD verstehen. Deren Vertreter Gerald Rosal hatte sich mehrfach nach einem Görlitzer Mietspiegel erkundigt. Aussagekräftige Antworten gab es nicht. Es folgte der Antrag. Erst einen Tag vor der Stadtratssitzung informierte uns der Oberbürgermeister über den aktuellen Stand. Dafür sind die Ausschusssitzungen da.

Der Antrag wird von allen Fraktionen außer der AfD abgelehnt. Nun muss die Verwaltung liefern.

 

Aufzeichnung und Speicherung von Stadtratssitzungen
Mit unserem Antrag wollen wir Bürgerfreundlichkeit und Transparenz erhöhen. Görlitz ist Vorreiterin bei Liveübertragungen. Viele Interessierte können sich aber nicht an einem Donnerstag ab 16.15 Uhr vor das Endgerät setzen und mehrere Stunden Stadtrat verfolgen. Wir schlagen vor, die Stadtratssitzung einen Monat lang als Aufzeichnung in einer „Mediathek“ anzubieten. Die Zeit sollte ausreichend sein, um sich über die jüngste Sitzung zu informieren. Die zusätzlichen Kosten für diese Dienstleistung wären überschaubar. Der Effekt umso größer.

Ein Knackpunkt in der Diskussion sind die Datenschutzregeln. Dabei ist in unserer Vorlage die gesetzliche Grundlage klar beschrieben. Egal ob Livestream oder Mediathek – für jede einzelne Verwendung der Aufnahmen braucht es die schriftliche Einwilligung aller im Raum befindlichen Personen. Die Aufgabe besteht schon heute, da wir einen Livestream zeigen.

Es würde keinen Mehraufwand geben, wenn wir zusätzlich die Zustimmung zur Aufzeichnung einholen. Kann alles auf ein Formular.

Die Diskussion ist teilweise schräg. Lutz Jankus von der AfD wirft uns vor, Transparenz nur vorzuschieben. Nicht alle seien rhetorisch geschickt. Die „leisen Stimmen“ könnten verstummen, wenn es eine Aufzeichnung der Sitzung gebe. Gerichtsverhandlungen würden auch nicht übertragen. Mich überrascht diese Argumentation. Rückblick, April 2020. Auf der Tagesordnung ein AfD-Antrag mit dem Titel „Dauerhafte Speicherung der Übertragung der Sitzungen des Stadtrates und Veröffentlichung“(zum Nachlesen: Beschlussvorlage-AfD_Mediathek_April2020) Aus dem Protokoll: „Herr Jankus erläutert die Beschlussvorlage inhaltlich. Der Fraktion gehe es dabei um die Transparenz für die Bürger, insbesondere dann, wenn sie aus zeitlichen Gründen den Livestream nicht zur Übertragungszeit sehen können.“ Na sowas.

Skepsis auch in der CDU. Dieter Gleisberg, Fraktionsvorsitzender, behauptet, dass sich das nicht viele Leute ansehen würden. „Wer sich wirklich dafür interessiert, schaut den Livestream.“

Verständnis habe ich für Stadträte, die sich unwohl fühlen beim Gedanken, als ASkteur in einer Aufzeichnung verfügbar zu sein. Wobei die Protokolle aller Sitzungen bereits heute abrufbar sind. Ich denke, dass es nichts Unmittelbareres geben kann, als eine Sitzung im Original zu sehen. Ohne jede Einordnung. Ganz objektiv. Im Gegensatz zu diesem Rückblick.

Einer spannenden Debatte folgt das knappste mögliche Abstimmungsergebnis. 13 sind dafür. 13 sind dagegen. Vier Enthaltungen. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Im Nachgang finde ich es positiv. Einem solchen Beschluss sollte eine große Mehrheit folgen. Vielleicht gelingt es im nächsten Jahr. Der dann neu gewählte Stadtrat muss ohnehin darüber befinden, ob es weiterhin Übertragungen gibt.

 

Brücken zwischen Görlitz und Zgorzelec
Mit einem Grundsatzbeschluss wollen wir die politische Stimmungslage klären. Ist der Görlitzer Stadtrat grundsätzlich für weitere Brücken, vor allem für Fußgänger und Radfahrer? Wir werben dafür. Wenn wir in zehn Jahren, zum 35. Jubiläum der Europastadt, eine neue Brücke haben wollen, müssen wir heute beginnen, darüber zu sprechen. Mit unserem Antrag wollen wir fortsetzen, was 2015 endete. Nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung gegen das Vorhaben einer Brücke am Lindenweg wurde das Vorhaben beerdigt (offiziell aus finanziellen Gründen). Seitdem sind Brücken im Brückenpark kein Thema der öffentlichen Debatte.

Im Mai 2022 beschlossen die Stadträte von Zgorzelec und Görlitz in einer gemeinsamen Sitzung, die Planungen für eine Autobrücke im Norden der Städte voranzutreiben. Diese soll den Verkehr in beiden Städten entlasten, ist aber keine Lösung, um Radfahrern und Fußgängern Wege in die Nachbarstadt zu verkürzen.

Im Antrag benennen wir keine möglichen Standorte, geben keine Zeitpläne vor. Aus einem einfachen Grund: Nach positivem Grundsatzbeschluss überlegen Görlitz und Zgorzelec gemeinsam, prüfen Standorte, legen Prioritäten fest. Und nehmen dabei die Bürgerschaft mit auf den Weg, damit sich niemand überrumpelt fühlt. Ziel: Wenn eine der beiden Städte eine Möglichkeit für ein Förderprojekt sieht, haben wir einen Plan in petto.

Die Diskussion beginnt vorhersehbar. Jens Jäschke erklärt, dass wir ausreichend Brücken haben. Ein neues Bauwerk würde keine Entlastung bringen. Deshalb sei der Antrag aus Kostengründen abzulehnen. Jetzt wird’s lustig: Jens Jäschke beantragt nach seinem Hinweis auf die Kosten, dass doch geprüft werden solle, ob die historisch erbauten und 1945 gesprengten Brücken mit Hilfe von europäischen Geldern wieder errichtet werden können. Da fällt dir nichts mehr ein.

Die CDU tut sich auch schwer. Vielleicht hätte ich Volker Bandmann in meine einführenden Worten einbauen sollen. Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete hatte gegen alle Widerstände die Altstadtbrücke durchgesetzt. Seine Parteikollegen zeigen wenig von diesem europäischen Geist. Matthias Urban hat zwar nichts gegen eine grundsätzliche Zustimmung zu weiteren Brücken. Mit der polnischen Seite darüber sprechen, gar in konkrete Überlegungen eintreten möchte er nicht. Da wir ziemliche Finanzprobleme haben, wie er anmerkt. (Erinnerung: Wir reden über eine Dekade Vorlauf.) Neue Brücken seien unrealistisch, wir würden bei den Bürgern nur falsche Erwartungen wecken.

CDU-Fraktionsboss Dieter Gleisberg sekundiert: „Wir sind für Brücken.“ Es folgt der Verweis auf Volker Bandmann. Er tritt aber nicht in seine Fußstapfen. Dieter Gleisberg findet, dass wir uns die Vorlage komplett sparen können. Wir hätten schließlich erst letztes Jahr über Brücken geredet. (Erinnerung: Da ging es um die Autobrücke im Norden. Gänzlich anderer Charakter und anderes Preisregal.) Außerdem sollten wir erstmal die polnische Seite fragen, was sie davon hält. (Brauchen wir nicht zuerst Klarheit, ob wir für Brücken sind, bevor wir die polnische Seite befragen? Diesen Weg schlagen wir vor.) Ich habe das Gefühl, dass Dieter Gleisberg nicht viel Vorbeitungszeit hatte. Er kennt unseren Antrag nicht. Bemerkenswert ist zudem, dass von der CDU in den Ausschüssen keinerlei Argumente kamen. Herr Gleisberg kritisiert oft und gern, wenn erst im Stadtrat diskutiert wird.

Aus CDU-Sicht ausgerechnet Mirko Schultze von den Linken nimmt das Bandmann-Bild auf: „Hätte Volker Bandmann so operiert, dass man erst loslegt, wenn alles klar ist, wäre die Altstadtbrücke nie gebaut worden.“ Mehr Brücken. Mehr Bürgerbeteiligung. Mehr Europastadt. Ja, das hat Schulle treffend zusammengefasst.

Jana Krauß nimmt uns mit auf einen Spaziergang, entlang am wunderschönen Neißeufer. Wir sollen uns vorstellen, dass man auf einer Seite hochläuft, zum Beispiel bis zum Viadukt und auf der anderen Neißeseite zurück. „Ich verstehe gar nicht, wie man dagegen sein kann.“

Auch Rolf Weidle (BfG) geht in die Bütt. Der dienstälteste Stadtrat wundert sich über die verzagte Diskussion, die nicht zu einer Europastadt passt. Er verweist auf Regionalplaner Dr. Zathey und den großen Applaus nach seinem Vortrag bei der gemeinsamen Stadtratssitzung, als er auch über zusätzliche Brücken sprach. Außerdem erinnert Dr. Weidle an den Vortrag unserer Klinikumschefin. Internationalität ist gefragt. Wozu sind wir Europastadt?

Es zeichnet sich ein Patt ab. Oberbürgermeister Ursu baut der CDU eine Brücke. Er schlägt vor, dass wir unseren Antrag präzisieren. Im Zuge der Fortschreibung des Gesamtverkehrskonzeptes soll eine gemeinsame Konzeption mit Zgorzelec erarbeitet und mögliche Standorte mit Prioritäten untersetzt werden. Dabei soll konkret der Standort am Viadukt untersucht werden.

Damit geht der OB deutlich über unseren Antrag hinaus. Die Bauchschmerzen der CDU müssten stärker werden. Passiert aber nicht. Im Gegenteil. Dieter Gleisberg haut einen raus. Erst durch die Ergänzung des OB sei der „inhaltslose“ Antrag überhaupt abstimmungsfähig. Entscheidend ist das Ergebnis. Deshalb lassen wir Gleisbergs Aussage stehen und genießen die Abstimmung. Nur eine Gegenstimme und fünf Enthaltungen aus der AfD.  24 Stimmen gibt es für neue Brücken zwischen Görlitz und Zgorzelec.

Ich finde, das ist eine sehr gute Botschaft, die von dieser Stadtratssitzung ausgeht. Ein prima Start in die kommunalpolitische Sommerpause.

 

Text und Foto: Mike Altmann

Einmischen: Haushaltsentwurf 23/24 liegt aus

Mit einem aktuellen Bild aus Klingewalde möchten wir eure Aufmerksamkeit auf ein etwas trockenes Thema lenken. Es geht um den Haushalt von Görlitz. Was das mit Klinge zu tun, lest ihr weiter unten.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Stadtverwaltung Görlitz am 16.6. den Entwurf der Haushaltssatzung für 2023 und 2024 ausgelegt. Es besteht nur Zeit bis 26.06.2023, den Etat in Augenschein zu nehmen. Das ist im Rathaus möglich. Eine vorherige telefonische Anmeldung zur Einsichtnahme wird empfohlen (03581 671334). Praktisch ist das freilich nicht. Gut, dass der Haushaltsentwurf online verfügbar ist: https://www.goerlitz.de/aemter/amt/20-Amt-fuer-Stadtfinanzen

Einwohner und Steuerzahler können bis zum 5. Juli 2023 Einwände vorbringen. Und zwar ans Amt für Stadtfinanzen, Untermarkt 6-8, 02826 Görlitz oder per E-Mail unter stadtfinanzen@goerlitz.de.

Was soll das bringen? Fragt nach in Klingewalde. Dort gab es 2019 den Wunsch nach einem Mehrgenerationenplatz. Unterschriften wurden gesammelt und gegen den Haushaltsentwurf 2019/20 erfolgreich Einwand erhoben. Der Stadtrat erteilte der Verwaltung einen Arbeitsauftrag zur Umsetzung. Nach langer Anlaufzeit wurde eine kreative Idee gefunden. Derzeit entsteht ein Rastplatz am Oder-Neiße-Radweg, der den Klingewaldern auch als Platz der Generationen zur Verfügung steht. Wie man auf dem Foto sieht, ist er bald fertig.

Ihr habt Themen, die umgesetzt werden sollen, sich aber nicht im Haushaltsentwurf finden? Oder Gelder, die aus eurer Sicht verschwendet werden? Dann gebt das ans Rathaus. Am Ende entscheidet der Stadtrat, ob die Einwände berechtigt sind und eingearbeitet werden. Vielen Dank für eure Mitarbeit.

Stadtratsblog #42: 30.5.2023

Schon wieder Stadtrat? Nu. Tak. Gestern gab es die gemeinsame Stadtratssitzung von Görlitz und Zgorzelec. Letztes Jahr waren wir Görlitzer Gastgeber in der Stadthalle. Diesmal sind die polnischen Kollegen an der Reihe. Es geht ins Dom Kultury. Vorab Treff an der Stadtbrücke. Ein liebgewonnenes Ritual. Die ursprüngliche Idee: Man begegnet sich mitten auf der Brücke. Diesmal ist die Beteiligung von Stadträten etwas dünn. Es ist gar keine große Gruppe erkennbar. Warum dafür die Straße gesperrt wird, erschließt sich nicht. Es gibt Gehwege. Aber gut, ist halt Tradition.

Die gemeinsame Stadtratssitzung soll ein Höhepunkt sein in der Europastadt, die vor kurzem 25. Geburtstag feierte. Der Key Note Speaker, wie wir Oberlausitzer gern sagen, erinnert an 1998. Visionär gewesen sei die Proklamation einer Europastadt damals, sagt Dr. Maciej Zathey. Er ist Direktor des Instituts für Territoriale Entwicklung aus Breslau, Beiratsmitglied für Raumentwicklung beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und forscht u.a. zum deutsch-polnisch-tschechischen Verflechtungsraum. Ein Dreiländerraum, nicht nur ein „Eck“, wie er betont. In seinem Vortrag beleuchtet Dr. Zathey Zukunftsaufgaben für die Weiterentwicklung von Görlitz-Zgorzelec. Der Wissenschaftler schlägt dabei den großen Bogen. Wo später der Vertreter der Stadtverwaltung Görlitz sehr kleinteilig über Fördervorhaben referiert, spannt Pan Zathey den Bogen weit in die Zukunft. Zielstellung müsse eine gemeinsame Planung sein. Etwa bei der Flächennutzung. Anfänge, wie bei der gemeinsamen Wärmeversorgung seien gemacht. Weitere müssten folgen. Eine Herkulesaufgabe. Schließlich sind die rechtlichen Voraussetzungen in beiden Ländern nicht vergleichbar. Dennoch ein lohnendes Ziel. Görlitz-Zgorzelec ist ein städtischer Organismus.

Dr. Maciej Zathey nimmt uns in die Pflicht. Ermahnt uns, nicht vor Herausforderungen zu kapitulieren. Sagt, dass wir natürlich weitere Brücken brauchen. In einer geteilten Stadt, wo Menschen sich begegnen, es Austausch gibt, wir zusammenwachsen wollen. Konkret spricht er die Wiedererrichtung einer Brücke für Fußgänger und Radfahrer unterhalb des Eisenbahn-Viaduktes an. Dieser Standort ist immer wieder im Gespräch, wenn es um Brücken geht. Sowohl auf deutscher als auch auf polnischer Seite. In der kommenden Sitzung des Stadtrates haben wir Gelegenheit darüber zu diskutieren. Auf Antrag unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne steht eine Debatte über zusätzliche Brücken an. Wir wollen das acht Jahre andauernde Schweigen beenden, das seit dem 2015 erzwungenen Planungsende für eine Brücke am Lindenweg herrscht. Es geht zunächst um die Frage, ob es grundsätzlich eine politische Mehrheit für neue Brücken gibt. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens ist langwierig und sollte auf einem gesellschaftlichen Konsens basieren. Wir freuen uns über inhaltliche Vorlage des Experten Dr. Maciej Zathey. Es wäre klug, ihn nochmals einzuladen und seine Thesen ausführlicher zu diskutieren. Dazu gehört auch der von ihm vorgetragene Vorschlag, eine viersprachige Europa-Universität in Görlitz-Zgorzelec anzusiedeln.

Wie schon erwähnt, wird die Flughöhe im folgenden Beitrag des Görlitzer Stadtplanungschefs Hartmut Wilke gesenkt. Hängt mit dem Thema zusammen. Wilke erläutert das gemeinsame Interreg-Projekt, „Brückenpark Teil 2“. Beidseits der Neiße soll mittels EU-Geldern der grüne Gürtel schicker werden. Zgorzelec konzentriert sich aufs Areal ums Dom Kultury. In Görlitz geht es zum Beispiel um das Weinberggelände. Die Federführung hat die Zgorzelecer Seite. Das bringt einige Vorteile mit sich. Deutschland zieht für Fördermittelempfänger die Daumenschrauben fester zu, als das die europäischen Regularien eigentlich verlangen. Anders in Polen. Dort zählt wohl das Ergebnis. Bei uns die korrekte Abrechnungsliste bis zum einzelnen Bleistift.

Zurück zur Sitzung. Die sich spürbar zieht. Vielleicht ist es nach 25 Jahren an der Zeit, gemeinsam mit den Zgorzelecern zu überlegen: Ist das Format noch zeitgemäß? Eine Abfolge aus namentlicher Begrüßung von Ehrengästen, Grußworten, auflockernden Musikstücken (das brauchen wir in jedem Fall auch weiterhin), Vorträgen und Auszeichnungen. Dauert mehr als zwei Stunden. In dieser Zeit gibt es keine echte „Debatte“. Die Stadträte sind anwesend, aber es ginge auch komplett ohne sie. Vielleicht sollte die Ratssitzung in die Feierlichkeiten zur Europastadt integriert werden. Open Air. So dass möglichst viele Menschen unkompliziert dabei sein können. Nach der Sitzung können Stadträte sich unters Volk mischen und feiern, statt im eigenen Saft am Buffet zu schmoren.

Und so sind es am Ende der Veranstaltung die Jungs und Mädels vom CYRKUS, die uns den Reformstau des Formats „Gemeinsame Stadtratssitzung“ demonstrieren. Sie trappeln vor dem Sitzungssaal mit den Füßen, sind aufgekratzt, lachen. Ihr Verein KulturBrücken e.V. bekommt heute die Europa-Medaille. Für herausragende Verdienste um die Europastadt. Seit zwei Stunden warten sie, wollen uns zeigen, was sie können. Herzerfrischend, wie CYRKUS-„Direktor“ Valentin Hacke und seine jungen Artisten fast die Veranstaltung sprengen und das Plenum nach dem Erhalt der Medaille nach draußen winken. Das Protokoll hat etwas dagegen. Erst muss die Sitzung ordnungsgemäß zu Ende gebracht werden. Da sind wir uns schon sehr ähnlich, in GörlitzZgorzelec. Dann endlich: Aufstehen, nach draußen strömen, in die beeindruckende Kuppelhalle des Dom Kultury. Wo uns die jungen Künstler des CYRKUS ihr Können zeigen.

Ich bin sehr froh, dass der Vorschlag, den KulturBrücken e.V. in diesem Jahr auszuzeichnen, vom gesamten Stadtrat mitgetragen wurde. Der Verein ist Pionier bei der dauerhaften Etablierung von deutsch-polnischen Angeboten in Görlitz und Zgorzelec. Seit mehr als 15 Jahren werden durch die Vereinsarbeit deutsche und polnische Kinder und Familien in regelmäßigen Kontakt gebracht. Die zentrale Rolle spielt dabei das Medium Zirkus. Seit März 2022 betreibt der Verein neben dem Büro in der Görlitzer Altstadt auch eine Anlaufstelle in der Warszawska-Straße 1 in Zgorzelec. Die Stadt Zgorzelec half den Raum zu finden. Damit können sich nun auch die Zgorzelecer über alle CYRKUS-Projekte für Kinder und Jugendliche informieren. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass durch die Präsenz in Polen bestehende Berührungsängste wegfallen. Eine gute Chance, noch mehr polnische Kinder und Jugendliche für die zirkuspädagogischen Angebote in der Europastadt zu gewinnen.

Herzlichen Glückwunsch auch den Preisträgern der polnischen Seite. Ausgezeichnet wird die Grundschule Nr. 2 „Jarosław Iwaszkiewicz“ Zgorzelec mit den Integrationsklassen und Partnerin der Freien Evangelischen Grundschule „Dietrich Heise“ in Görlitz.

Vielen Dank für die Organisation und die Gastfreundschaft an unsere polnischen Kollegen. Es ist schön, Europastadtrat sein zu dürfen.

Sportstättenplanung wird aktualisiert

Sportstättenentwicklungsplanung fortschreiben. Zugegeben, das Thema klingt nicht sonderlich sexy, ist aber wichtig. Ohne aktuelle Planung keine Sportfördermittel. Etwa für die Sanierung von Turnhallen oder die Errichtung von Kunstrasenplätzen. Außerdem brauchen wir einen Überblick: Wie sieht es tatsächlich aus mit unseren Sportstätten, drinnen und draußen? Wo sind wir ausreichend versorgt? Wo fehlts? Nur so lassen sich Investitionen sorgfältig planen und umsetzen.

Die Görlitzer Sportstättenentwicklungsplanung wurde letztmals 2007 fortgeschrieben, mit einem Horizont bis 2020. Damit ist sie hoffnungslos veraltet. Im Sport-Ausschuss gab es deshalb vor einigen Wochen  eine überfraktionelle Übereinkunft, diesen Missstand zu beheben. Unsere Fraktion hatte sich bereit erklärt, den entsprechenden Antrag einzubringen, da wir ihn bereits vorbereitet hatten. Diese Beschlussvorlage sah letztlich vor, dass der Oberbürgermeister im Jahr 2024 eine aktualisierte Planung präsentiert. In die Erarbeitung sollen Fachausschüsse, Kreissportbund und Nutzer der Sporthallen und -anlagen einbezogen werden.

Das Thema wurde in den Ausschüssen ohne große Diskussionen vorberaten. Erst in der Sitzung selbst versuchte die Stadtspitze den Antrag abzuwenden. Es fehlt wohl an Ressourcen. Der OB wollte jede Zeitvorgabe aus dem Antrag haben. Dem widersprachen wir. In eineinhalb Jahren dürfte die Fortschreibung einer bereits bestehenden Sportstättenleitplanung möglich sein. Nach einer Auszeit der CDU folgte die Abstimmung. Einstimmig folgte der Stadtrat dem Vorschlag. Vielen Dank für die Geschlossenheit.

 

Foto: Blick in die Sporthalle Flora in Rauschwalde

Stadtratsblog #41: 25.5.2023

Einen Tag vor der Stadtratssitzung wurde im Verwaltungsausschuss (endlich) ein Überblick über den Doppelhaushalt 2023/24 gegeben. Nichtöffentlich, deshalb darf ich keine Inhalte verbreiten. Vielleicht so viel: Ich bin schon optimistischer zu einer Ratssitzung aufgebrochen.

Aber Bangemachen gilt nicht. Und vielleicht hat Oberbürgermeister Octavian Ursu Erfolg mit seinem Brief, den er an den Sächsischen Städte- und Gemeindetag schrieb. Darüber berichtet er in seinen obligatorischen Informationen für die Öffentlichkeit. Im Brief wirbt er um Unterstützung dafür, dass künftig die Kommunen die investive Schlüsselzuweisung des Freistaates auch für das Tilgen von Krediten einsetzen dürfen. Das würde Luft zum Atmen geben.

Nicht informiert wird die Öffentlichkeit zu den Problemen bei der Finanzierung der Stadthallensanierung und zur geplanten Flüchtlingsunterkunft am Flugplatz. Beides erfahren wir aus der Presse. Der OB ist laut Gemeindeordnung verpflichtet, seinen Stadtrat in öffentlicher Sitzung über alle wichtigen Themen zu informieren. Das ist kein Nadelarbeit oder ein anderes fakultatives Angebot.

Anschließend übernimmt Prof. Robert Knippschild das Mikrofon. Der Leiter des Interdisziplinären Zentrums für transformativen Stadtumbau (IZS) betreut das Projekt TRUST. Städte werden auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt, Görlitz ist Pilotkommune. Ein Jahr läuft das Vorhaben bereits, zwei weitere stehen bevor. Prof. Knippschild gibt uns einen Zwischenstand.

Görlitz ist stark von den Folgen des demografischen und wirtschaftlichen Wandels betroffen. Gleichzeitig fehlen Ressourcen, Wissen und Erfahrung, um die Herausforderungen des Ziels der Klimaneutralität zu bewältigen. Deshalb bringt TRUST Akteure aus den Bereichen Verwaltung/Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. In „Transformationsarenen“ treffen sich Akteure aus unterschiedlichen Bereichen, teilen ihr Wissen, entwerfen Zukunftsvisionen und beschreiten Wege, die zur Umsetzung von Ideen führen. Zu den Projektpartnern gehören neben dem federführenden Leibnitz-Institut die Stadt Görlitz, die Stadtwerke Görlitz, die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH, das Bündnis für Familie und der Second Attempt.

Unsere Fraktion ist vor allem durch Danilo Kuscher involviert ins TRUST-Projekt und geht regelmäßig zu den Veranstaltungen. Ebenso wie Matthias Schöneich (CDU) und Jana Lübeck (Die Linke). Die AfD nicht. Das zeigt sich an Fragen, die die Tiefe einer Pfütze unterschreiten. Ich mag da auch nicht näher drauf eingehen. Sobald nur das Wort „Klima“ ertönt, fühlt sich die blaubraune Seite getriggert und verliert sich in politischer Polemik und Wortklauberei. Nachfragen zu Chemtrails gibt es nicht. Immerhin.

Die Bürgerfragestunde wird zur Kurt-Bernert-Show. Außer dem emsigen Bürgerrat aus der westlichen Innenstadt will niemand etwas wissen. Kurt hat dafür gleich vier Fragen mitgebracht.

Was ist mit den alten Internetterminals, die recht unschön auf den Touristenmeilen stehen? Das kann die Verwaltung ad hoc nicht beantworten. Ich meine mich zu erinnern, dass wir die hässlichen Teile noch so lange ertragen müssen, bis die Fördermittelbindefrist (I love Deutsch) rum ist. Diese Angabe ist ohne Gewähr.

Sind aufgrund der klimatischen Veränderungen weitere Trinkwasserspender geplant, z.B. auf dem Lutherplatz und im Brautwiesenbogen? Der OB versichert, dass immer wieder neue „Brunnen“ aufgestellt werden. Demnächst in Königshufen. Alles eine Frage der Finanzen. Das Rathaus ist dazu in enger Abstimmung mit den Stadtwerken.

Wird Görlitz Steuern erheben auf Einwegverpackungen? Möglich macht dies ein recht frisches Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses will der OB zunächst prüfen lassen. Herr Ursu zeigt sich zurückhaltend und meint, er sei kein Freund von zusätzlichen Gebühren.

Wie erreichen wir eine bessere Diversifizierung bei unseren Bepflanzungen? Bei allem Lob für das fleißige Stadtgrün-Team hinterfragt Kurt Bernert, ob es der Weisheit letzter Schluss ist, Stiefmütterchen und ähnliche Gewächse zu pflanzen. Wie Narzissen, Geranien und andere beliebte Gartenblumen bieten sie kaum Pollen und kaum Bienennahrung. Man könnte auch Kunstblumen pflanzen, hätte denselben Effekt, meint Kurt launig. Dem widerspricht der OB. Er vertraut auf die Expertise der Fachleute im Grünflächenamt, will sich aber des Themas annehmen.

Es folgt die Fragestunde für Stadträte

Meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) erkundigt sich nach der neuen Parkordnung am Berzdorfer See. So sind die beiden Behindertenparkplätze auf dem „Sammelparkplatz“ am Beginn der Strandpromenade verschwunden. Bürgermeister Benedikt Hummel löst auf: Diese befinden sich nun an der Strandpromenade. Das ist das Stichwort für einen Vorschlag. Auf Social Media Kanälen wurde bekannt, dass das Ordnungsamt Knöllchen verteilt. Zwar gibt es noch keine Parkautomaten. Aber man muss nun in Fahrtrichtung parken. Heißt: Wenden und dann am rechten Straßenrand parken. Ist klar, steht in der STVO, muss man sich dran halten. Kristina wirbt aber für Kulanz und Bürgerfreundlichkeit. Nachdem das Parken dort über ein Jahrzehnt „andersrum“ erlaubt war, könnte das Ordnungsamt vor der Bestrafung mit freundlichen Hinweisen Falschparker verwarnen. Eine nette Gelbe Karte. Bürgermeister Hummel reagiert darauf recht einsilbig. „Man kann immer über Übergangsfristen nachdenken. Aber jetzt es ist es halt so.“

Andreas Kolley (Motor) bleibt am See. Er möchte wissen, warum der Toilettencontainer in dieser Saison ganz am Anfang des Nordoststrands steht. Bürgermeister Hummel: Die Positionierung sei bewusst gewählt worden. Durch den ausgespülten Strand verlagere sich das Geschehen nach Norden. Außerdem habe die Strandbar den Auftrag eine eigene Toilette zu stellen. Somit gibt es drei verteilte Toilettenstandorte. Ich habe es mir selbst angeschaut und kann Andreas nur zustimmen: „Diese Stelle ist nicht die beste Wahl.“ Und noch eine Nachfrage: Was hat es mit den Baggerarbeiten am Nordoststrand auf sich? Wie erwartet geht es um Strandsicherung durch die LMBV. Die Wellen tragen den Strand Jahr für Jahr ab. Kollege Kolley regt an, sich am Senftenberger See ein Beispiel zu nehmen, wo mit einfachen Vorrichtungen das Problem gelöst wurde. Die Verwaltung wird es sich hoffentlich anschauen.

Yvonne Reich (BfG) bittet darum, dass es mehr Kontrollen am Kiosk Demianiplatz (auf Höhe Theater) gibt. Die Trinkbrüder und -schwestern nutzen nicht die Toilette, sondern erleichtern sich in den Büschen. Für Anwohner insgesamt keine angenehme Situation. Aber wir leben in einer Stadt und werden nicht alle „störenden“ Einflüsse unterbinden können.

Alexander Lehmann (AfD) kommt nicht mehr zum Schlafen. Grund ist ein mysteriöses Brummen zu nächtlicher Stunde am Obermarkt/Langenstraße. Woher die Geräusche kommen, ist offen. Mal sehen, ob die Spürnasen aus dem Ordnungsamt fündig werden.

Jana Lübeck (Die Linke) weist darauf hin, dass für Fußgänger am Schützenhaus eine Abgrenzung fehlt. Das sei besonders in der dunklen Jahreszeit für die Leute aus den Werkstätten gefährlich. Außerdem bemängelt sie ein tiefes Loch auf der Straße am Bahnhof Südausgang (an der Haltestelle). Für Radfahrer eine Gefahr. Die Verwaltung schaut es sich an.

Wolfgang Duschek (AfD) möchte wissen, was mit dem Kaufhaus wird und speziell mit den denkmalgeschützten Figuren, die das Dach zierten. (Nach einem Absturz eines Objektes, wurden sieben Sandsteinköpfe abgebaut und untersucht.) Der OB „geht davon aus“, dass die Figuren eingelagert wurden und wieder aufs Kaufhaus kommen, sobald es saniert wird. Für den Bau seien Unterlagen eingereicht worden, verschiedene Dinge müssten aber noch geklärt werden. Ein Zeitplan kann nicht benannt werden. Hierzu muss man wissen: Für den Neubau des Parkhauses im Bereich des heutigen City-Centers will Eigentümer Winfried Stöcker zwei klassizistische Gebäude am Postplatz abreißen. Die Landesdirektion genehmigte den Abriss. Aber nur wenn das Kaufhaus wiederbelebt wird. Der Abriss muss spätestens 2024 beginnen, sonst erlischt die Genehmigung. Die Zeit tickt für Prof. Stöcker.

Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) fürchtet um die Zukunft der Ballettschule des Theaters. Er sieht eine „fehlende Wertschätzung durch die Intendanz“ und fürchtet, dass die Stelle der Leiterin, die zum Ende des Schuljahres das Haus verlässt, nicht nachbesetzt wird. Außerdem kritisiert er als „Vater eines Ballettmädchens“, dass es erstmals keine Aufführung für die Eltern gibt. Stattdessen wurden Videos gedreht, die im Kino gezeigt werden. Der OB versucht zu beruhigen. Er geht davon aus, dass die Stelle nachbesetzt wird. Für die Abschlussveranstaltung fehle tatsächlich ein geeigneter Ort. Das Kaufhaus steht wegen Dreharbeiten nicht zur Verfügung. Dr. Rolf Weidle (BfG) schlägt vor, dafür das Zittauer Theater zu nutzen.
Unter uns: Ich hätte nicht den OB im Stadtrat gefragt, ob das Theater die Ballettschule schließen möchte, sondern persönlich mit Daniel Morgenroth gesprochen. Wenn alle 39 Stadträtinnen und Stadträte demnächst privat motivierte Fragen stellen, wird die Sitzung zur Familientherapie.

Eine Frage habe ich auch und möchte wissen, ob der siebenmonatige Zeitplan für das Aufstellen einer Tischtennisplatte auf dem Lutherplatz verkürzt werden kann. Das Thema sorgte im letzten Stadtrat nach einer Frage von Kurz Bernert für Aufsehen. Ob es schneller gehen wird, bleibt weiterhin offen. Bürgermeister Hummel versichert, dass der Zeitplan zu straffen ist, wenn man einige Verwaltungsschritte parallel durchführt. Das wird nun in Angriff genommen. Außerdem interessiert mich die Rolle des Denkmalschutzes. Schließlich gibt es auf dem historischen Platz bereits einen Spielplatz mit Bobbycar-Bahn. Was sollte dort eine unscheinbare Tischtennisplatte noch für „Schaden“ anrichten? Das mag so sein, aber das zuständige Amt guckt generell bei einem denkmalgeschützten Platz drauf, selbst wenn dort Dinge genehmigt wurden, die mit dem Originalzustand nichts zu tun haben.

Einige ausgewählte Beschlüsse:

Finanzierung des „Kulturforum Görlitzer Synagoge“

Der Beschluss hat einen ernsten Grund. Die Städtische Kulturservicegesellschaft braucht höhere Zuschüsse. Das ist bereits vor einem Jahr dem Rathaus gemeldet worden. Grund ist vor allem der Betrieb des Kulturforums Synagoge. Personalkosten sind ebenso gestiegen wie Energie und Betrieb. Auf der anderen Seite sind zwar mehr Einnahmen gekommen als geplant, dafür sank die Förderung durch das Jobcenter für die Mitarbeiter an Einlass und Kasse. Erst jetzt bekommt der Stadtrat das Thema auf den Tisch. Der OB rechtfertigt dies mit der Prüfung anderer Möglichkeiten durch den Aufsichtsrat. Finde ich nicht schlüssig. Nun muss es sehr schnell gehen. Ein Muster, das häufig wiederkehrt, der Qualität der Entscheidungsfindung aber nicht dient. Innerhalb von zwei Wochen sollen wir deshalb nicht nur über den Zuschuss befinden, sondern parallel das Betriebs- und Nutzungskonzept verändern, das für zwei Jahre gelten soll. Damit wird festgeschrieben, dass der jährliche Zuschuss für die Betreibung um 90% steigt, von derzeit 84.000 Euro auf dann 159.000 Euro. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Zuschuss für den gesamten Kulturservice. Er wird um 25% steigen auf knapp 634.000 Euro. Neben den Kosten für die Synagoge sind allgemeine Kostensteigerungen im Unternehmen die Ursache.

Da alle städtischen Unternehmen unter höheren Kosten leiden und die Finanzen schrumpfen, schlagen wir vor, nur die Freigabe des restlichen Jahresbudgets 2023 im Umfang von knapp 580.000 Euro zu beschließen. Damit wäre die Liquidität gesichert. Das Betriebskonzept der Synagoge und die Gesamtfinanzierung der Gesellschaft wollen wir uns im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen vornehmen. Dort könnte auch überlegt werden, welche Synergieeffekte sich ergeben, wenn Aufgaben wie Einkauf, Marketing, Buchhaltung oder Personalwesen innerhalb der städtischen Gesellschaften zusammengelegt werden.

Diesem Vorschlag folgt bis auf Die Linke niemand im Stadtrat. Dabei wäre vor allem die AfD gut beraten gewesen. Sebastian Wippel jedenfalls beweist, dass er weder die Beschlussvorlage noch das Nutzungskonzept gelesen hat. Er kommt mit dem bombastischen Vorschlag um die Ecke, einfach weniger Öffnungstage anzubieten und möchte wissen, was sich dadurch einsparen ließe. Dumm für Ihn: Genau dieses Thema wird ausführlich in der Vorlage erörtert. Ergebnis: Selbst wenn das Kulturforum Synagoge nur an drei Tagen in der Woche öffnet, ist das Sparpotenzial sehr gering.

Die Linke fragt, ob es überhaupt zulässig ist, ohne Haushalt einen solchen Beschluss zu fassen. Ergebnis nach langer Debatte, in der die Finanzchefin Birgit Peschel-Martin es für mich an Klarheit in den Aussagen fehlen lässt: Es ist eine Pflichtaufgabe, da die Gesellschaft ohne den Mittelvorgriff (so heißt das, wenn Geld überwiesen wird, ohne dass ein Haushaltsplan beschlossen ist) in Insolvenzgefahr ist.

Wir ziehen unseren Änderungsantrag zurück und sind gespannt auf die Haushaltsdiskussion. Bei einer Enthaltung wird die Vorlage einstimmig beschlossen. Damit ist die Gefahr für den Kulturservice gebannt. Vielen Dank an die engagierte Geschäftsführerin Maria Schulz und ihr Team des Kulturforum Görlitzer Synagoge.  Das Haus bereichert die hiesige Kulturlandschaft und ist nicht mehr wegzudenken aus Görlitz.

Thesaurierung der Ausschüttung des Jahresgewinns 2022 der Stadtwerke Görlitz AG

Einfach erklärt: Die Stadtwerke müssen ihre Eigenkapitalquote erhöhen, sonst zicken die Banken rum. 20% der geplanten Ausschüttung an die Stadt kommt in Rücklage. Görlitz verliert aber nichts. Die Ausschüttung dürfte wie geplant bei gut 1,3 Millionen Euro in diesem Jahr liegen.

Planungsbeschluss zur Errichtung einer Seepromenade vor Deutsch Ossig, I. Bauabschnitt (Erschließungsstraße nach Deutsch Ossig im Abschnitt Strandpromenade)

Mit dem Tempo einer rutschbehinderten Schnecke geht es am Berzdorfer See voran. Wir beschließen den ersten Teil eines Plans, der bis zum Jahr 2028 die Strandpromenade attraktiver gestalten soll. In dieser Sitzung geht es um die Planung für den Bauabschnitt 1. Der umfasst den Fußweg vom Beginn des Nordoststrandes bis zum Mühlengraben vor Deutsch Ossig. Der vier Meter breite Weg soll künftig allen „Nichtmotorisierten“ zur Verfügung stehen. Warum dafür Pflaster mit Mikrofasen geplant sind, möchte mein Kollege Danilo Kuscher (Motor) wissen. Sie sind für Skater ungünstig (es ruckelt und verursacht unangenehme Geräusche, die die Strandbesucher nerven könnten). Für die weiteren Planungsschritte schlägt Danilo vor, dass die Auto nicht längs, sondern quer parken. Man bekäme mehr Fahrzeuge unter, die Sicherheit für Radfahrer steigt (offene Türen) und die Autos müssen nicht über Wendeschleife fahren. Damit wird Verkehr vermieden. Bürgermeister Hummel sichert zu, die Vorschläge mit aufzunehmen.

Die AfD trägt das Konzept nicht mit, u.a. weil sie weiter von einem Großparkplatz träumt, der aber aufgrund naturschutzrechtlicher Fragen von der Verwaltung als unrealistisch eingeschätzt wird.

Die große Mehrheit ist dafür. Wir beschließen die Freigabe von 70.000 Euro für die Planung. Ob und was umgesetzt werden kann, entscheidet sich ohnehin erst, wenn wir einen Förderbescheid in der Hand haben.

Gut, dass wir vorankommen bei dem Thema. Bedauerlich bleibt indes, dass wir keine smarte Lösung finden, um provisorisch Wasser- und Abwasserversorgung für Gastronomie am Nordoststrand herzurichten. Nach dem Zeitplan des Projektes ist nun frühestens 2025 mit fließend Wasser zu rechnen. Realistischer ist 2026. Und nein, ich zähle jetzt nicht auf, was die Chinesen in der Zeit alles bauen würden.

Sportstättenentwicklungsplanung fortschreiben

Das Thema klingt nicht sonderlich sexy, ist aber wichtig. Ohne aktuelle Planung keine Sportfördermittel. Etwa für die Sanierung von Turnhallen oder die Errichtung von Kunstrasenplätzen. Außerdem brauchen wir einen Überblick: Wie sieht es tatsächlich aus mit unseren Sportstätten, drinnen und draußen? Wo sind wir ausreichend versorgt? Wo fehlts? Nur so lassen sich Investitionen sorgfältig planen und umsetzen.

Die Görlitzer Sportstättenentwicklungsplanung wurde letztmals 2007 fortgeschrieben, mit einem Horizont bis 2020. Damit ist sie hoffnungslos veraltet. Im Sport-Ausschuss gab es eine überfraktionelle Übereinkunft, diesen Missstand zu beheben. Unsere Fraktion hatte sich bereit erklärt, den entsprechenden Antrag einzubringen. Dieser sieht letztlich vor, im Jahr 2024 eine aktualisierte Planung vorzulegen. In die Erarbeitung sollen Fachausschüsse, Kreissportbund und Nutzer der Sporthallen und -anlagen einbezogen werden.

Das Thema wurde in den Ausschüssen ohne große Diskussionen vorberaten. Erst in der Sitzung selbst versucht die Stadtspitze den Antrag abzuwenden. Es fehlt wohl an Ressourcen. Der OB möchte jede Zeitvorgabe aus dem Antrag haben. Dem widersprechen wir. In eineinhalb Jahren dürfte die Fortschreibung einer bereits bestehenden Sportstättenleitplanung möglich sein. Nach einer Auszeit der CDU folgt die Abstimmung. Einstimmig folgt der Stadtrat dem Vorschlag. Vielen Dank für die Geschlossenheit.

Neuwahl der beratenden Mitglieder Gesellschafterversammlung KommWohnen Görlitz GmbH

Nach dem Tod von Martina Fourier muss dieses Gremium neu besetzt werden. Für Frau Fourier soll Karsten Günther-Töpert (BfG) nachrücken. Den zweiten Sitz hat bislang Jens Jäschke, damals als AfD-Fraktionsmitglied gewählt. Da er nun Einzelstadtrat ist, gibt es keinen Grund, ihm eine solche Verantwortung zuzumuten. Sehen auch BfG und CDU so und nominieren als zweiten Kandidaten Matthias Schöneich. Der junge CDU-Mann fällt auf bei den Schwarzen. Kämpft er doch regelmäßig für Klimaschutz, Fahrradfreundlichkeit und gegen tumbe AfD-Parolen. Nur reicht es am Ende nicht. 21 Stimmen für die Liste CDU/BfG, 11 für die AfD. 23 Stimmen hätte es gebraucht für beide Sitze. Vier Stimmen waren ungültig. Wer hier wen über die Klinge hat springen lassen, bleibt offen. Es war eine geheime Wahl. KGT und JJ sind gewählt.

Antrag zur Aufstellung eines Verkehrszeichens an der Reichenbacher-Straße 53

Der OB soll prüfen, ob man einen Rechtsabbiegepfeil auf dem Lidl-Parkplatz in Rauschwalde anbringen kann, um das Einbiegen auf die Hauptverkehrsstraße zu beschleunigen. Schlägt die AfD vor. Insbesondere wenn der Bus hält, kommt es zu Staus auf dem Parkplatz, sagt Fraktionsführer Lutz Jankus. Es soll ein Beitrag zur Verkehrssicherheit sein, „weil es einige nicht so mit dem Linksabbiegen haben“. Bürgermeister Hummel nimmt Jankus Wind aus den Segeln: Der

Vollzug der Straßenverkehrsordnung ist keine Sache des Stadtrates, sondern der Straßenverkehrsbehörde. Es muss triftige Gründe geben, um ein solches Gebotsschild aufzustellen. Außerdem gab es diese Untersuchung bereits. Sie ergab keine erhöhte Verkehrsgefahr. Damit ist das Thema gegessen. Die AfD zieht nach einigen Wortgefechten ihren Antrag zurück.

Ich halte es übrigens nicht für falsch, einen Antrag zu besprechen, selbst wenn er später zurückgezogen wird. Es gibt Themen von öffentlichem Interesse. Dieses gehört für mich dazu. Denn immer wieder gibt es Verwirrung, wer zuständig ist für Dinge im Straßenverkehr. Generell gilt: Nicht der Stadtrat. Wenn ihr Hinweise und Ideen habt zu Geschwindigkeiten, Verkehrszeichen, Ampelschaltungen, Fußgängerüberwegen, Radwegen etc., könnt ihr diese direkt an die Straßenverkehrsbehörde richten. Die Fachleute prüfen das. Falls ihr zu schüchtern seid, könnt ihr euch gern an die Fraktion des Vertrauens wenden. Wir leiten die Anfragen aber auch nur weiter ans Amt (und erkundigen uns regelmäßig nach dem Stand).

Prüfung finanzieller Auswirkungen bei der Wiederherstellung der Funktionalität von städtischen Sanitäranlagen

Und noch ein AfD-Antrag. Die Fraktion wird munterer. Das Wahljahr naht. Hier geht es um öffentliche Toiletten. Die Blauen wollen, dass die Verwaltung die Kosten für die Sanierung von insgesamt sieben WC-Anlagen im Stadtgebiet prüft. Um später zu priorisieren, welche Anlagen man zuerst in Schuss bringt.

Mit diesem Antrag habe nicht nur ich Probleme. Zum einen torpediert er einen Beschluss vom Juli 2022, den die CDU eingebracht hatte. Dabei ging es um die Revitalisierung der Toilette „Scharfe Ecke“ und eine Untersuchung, welche Gaststätten, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen („Nette Toilette“). Zu diesem Beschluss liegen uns nach fast einem Jahr keinerlei Information vor. Das kritisiert meine Kollegin Dr. Jana Krauß (Bündnisgrüne) völlig zu Recht. Selbst wenn es noch keinen Abschluss gibt, könne über Zwischenstände berichtet werden. Sieht der OB ein und sichert zu, dass spätestens im übernächsten Technischen Ausschuss darüber berichtet wird. Ich hoffe sehr, das geschieht im öffentlichen Teil.

Zweites Problem schildert Bürgermeister Hummel: Die eigentliche Herausforderung ist der Betrieb. Erst wenn das geklärt ist, macht auch eine Sanierungsplanung Sinn. Bislang sind alle Versuche gescheitert, einen Betreiber zu finden. Auch darüber sollen wir demnächst ausführlich informiert werden.

Drittens: Die noch „brauchbaren“ Anlagen sind bereits im Blick der Verwaltung. Auf rund 100.000 Euro taxierten Sachverständige vor etwa drei Jahren die Kosten pro Anlage.  Einige Standorte sind seit Jahrzehnten geschlossen. Sie entsprechen in keiner Weise heutigen Ansprüchen an sanitäre Anlagen.

Auch bei diesem Antrag benötigt die CDU eine Auszeit. Sie entscheidet sich in Mehrheit für eine mutige Enthaltung. Damit wird die Abstimmung knapp. 12:14 gegen den Antrag der AfD. Eine richtige Entscheidung. Wir sollten jetzt die Verwaltung motivieren, den bereits beschlossenen Antrag zur „Netten Toilette“ konsequent zu bearbeiten. Erst wenn wir wissen, wie viele Toiletten der Öffentlichkeit in Geschäften, Lokalen und anderen Einrichtungen zur Verfügung stehen, macht es Sinn, weitere Schritte zu planen.

Autor: Mike Altmann, Foto: Klohaus am Strandrand (Fraktion)

Europastadt am Fluss braucht Brücken

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Europastadt Görlitz-Zgorzelec schlägt die Stadtratsfraktion von Motor Görlitz/Bündnisgrüne eine neue Brückenoffensive vor. „Eine Europastadt am Fluss braucht mehr Brücken für Fußgänger und Radfahrer, kurze Wege für das Rüber und Nüber und lässt sich nicht von Angstkampagnen einschüchtern“, sagte Fraktionsvorsitzender Mike Altmann. Ein entsprechender Antrag soll in diesen Tagen im Rathaus eingereicht werden. Neben einem Grundsatzbeschluss für den Bau weiterer Brücken soll der Oberbürgermeister beauftragt werden, gemeinsam mit Zgorzelec eine Prioritätenliste möglicher Standorte zu erarbeiten.

Görlitz-Zgorzelec feiert 2023 das 25. Jahr Europastadt. In diesem Zeitraum sind die Beziehungen zwischen den Menschen in beiden Städten spürbar enger geworden. Ablesbar ist das auch an mittlerweile 5.000 polnischen Einwohnern in Görlitz. Das Bedürfnis nach kurzen Wegen zwischen den Nachbarn wird wachsen.

Im Mai 2022 beschlossen die Stadträte von Zgorzelec und Görlitz in einer gemeinsamen Sitzung, die Planungen für eine Autobrücke im Norden der Städte voranzutreiben. Diese soll den Verkehr in beiden Städten entlasten. Sie ist aber keine Lösung, um Radfahrern und Fußgängern Wege in die Nachbarstadt zu verkürzen.

Die letzten ernsthaften Bemühungen um eine zusätzliche Brücke für Fußgänger und Radfahrer gab es 2014/2015 am Lindenweg. Nachdem die Fördermittelquote von 90% auf 66% gekürzt wurde, nahm der Stadtrat Abstand vom Projekt. Nicht unwichtig zu erwähnen ist, dass es eine erfolgreiche Unterschriftensammlung gab, die sich gegen die Planung richtete.

„Die Leute fühlten sich damals überrumpelt“, erinnert sich Mike Altmann. Daraus solle gelernt werden. „Wir wünschen uns, dass sich die Görlitzer und Zgorzelecer von Beginn an beteiligen können. Wo machen Brücken Sinn? Der reine Verweis auf frühere Standorte ist nicht ausreichend. Seit 1945 ist Görlitz geteilt. Zwei Städte haben sich entwickelt. Die Wegebeziehungen sollten dies berücksichtigen. Wenn wir uns zum 35. Geburtstag der Europastadt eine neue Flussquerung schenken wollen, müssen wir jetzt mit den Planungen starten.“

Stadtratsblog #40: 27.4.2023

Von Oberbürgermeister Octavian Ursu bekommen wir zu Beginn der Sitzung einige Trostpflaster. Die Vorlage zur „Klimaneutralen Stadt 2030“ ist immer noch nicht fertig. Laut Stadtratsbeschluss sollte sie der OB bereits im März einbringen. Nun wird es erst im Juni. Was ist so schwer, fragt sich meine Fraktion. Ein Ziel, das bereits 2019 ausgerufen wurde, muss doch inhaltlich unterfüttert sein?

Auch zum Haushalt für die Jahre 2023/24 nichts Neues. Herr Ursu hofft, dass es bald gelingt, einen Zeitplan zu präsentieren. Das ist komplett unbefriedigend und behindert massiv unsere Arbeit im Stadtrat, wie sich später noch zeigen wird.

Trostpflaster drei ist deutlich kleiner und betrifft die Parkscheinautomaten am Berzdorfer See. Die Geräte werden nicht pünktlich zur Saisoneröffnung stehen. Es fehlen noch die Module für die Zahlung mit Karte und Handy. Wenn diese eingebaut sind, kommen die Parkscheinautomaten an die Strandpromenade. Spätestens Ende Mai ist alles fertig – so der Plan. Zur Ehrenrettung der Verwaltung sei erwähnt, dass nie versprochen wurde, dass die Automaten pünktlich zur Saisoneröffnung stehen werden.

Die Übergabe der Ehrenbürgerschaft an Shlomo Graber gestaltet sich kompliziert. Ursprünglich sollte der 96jährige nach Görlitz kommen. Aus gesundheitlichen Gründen sind solch lange Reisen für ihn unmöglich. Deshalb wird der OB einen Besuch in Wiesbaden nutzen und von dort aus nach Basel weiterfahren, um Shlomo Graber die Ehre zu erweisen.

Gereist ist unser OB zuletzt nach Berlin. Dort trommelte er bei Filmproduzenten für Görliwood. Außerdem warb Ursu um Fördermöglichkeiten für unsere Filmakademie.

Positive Meldung von Bürgermeister Benedikt Hummel: Für die defekte Skateranlage Weinhübel wurden die ersten beiden Beton-Elemente geliefert. Mitte Mai kann ein Teil der Anlage wieder in Betrieb genommen werden.

Nachdem die Fragestunde für Einwohner zuletzt wenig gefragt war, ist diesmal mehr los.  Kurt Bernert vom Bürgerrat Innenstadt-West kommt direkt mit einem Knaller. Er möchte wissen, warum es sieben Monate (!) dauern soll, bis eine beantragte Tischtennis-Platte auf dem Lutherplatz steht. Allein acht Wochen Zeit brauche der Denkmalschutz. Geht das alles nicht schneller, möchte Kurt Bernert wissen. OB Ursu und Bürgermeister Hummel wollen sich bemühen, zu beschleunigen. Dass es wirklich schneller geht, können sie nicht zusagen. Da kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus.

Nächste Frage von Herrn Bernert, ob sich Görlitz am Projekt „Lebenswerte Stadt“ beteiligen wird. 700 Kommunen machen schon mit. Der OB bremst. Görlitz sei schon bei vielen Sachen dabei. Anschauen will er es sich dennoch.

Und noch etwas bewegt den Bürgerrat Bernert: Warum bekommt die Freie Evangelische Gemeinde Gelder aus dem Topf für die bürgerschaftliche Beteiligung in der Innenstadt-West? Das kann ad hoc niemand beantworten. Ich werde bei Bedarf nachhaken.

Madlen Röder, Bürgerrätin aus Klingewalde, geht einem Gerücht nach. Demzufolge plane die Stadt die Buslinie durch Klingewalde bis zu Porta zu verlängern. Der anwesende GVB-Chef André Wendler klärt auf: Es gab eine Testfahrt zu Porta, um zu prüfen, ob das funktioniert. Man hat sich dagegen entschieden. Klingewalde atmet auf, denn dort fehlt es an Platz, einem Fußweg und Beleuchtung.

Die Stadträte haben auch einige Fragen:

Matthias Schöneich (CDU) erkundigt sich nach dem Gesamtverkehrskonzept. Bürgermeister Hummel erläutert, dass eine Studie der TU Dresden beauftragt wurde. Da wird herausgefunden, welche Verkehrsmittel die Görlitzer nutzen. In einem zweiten Schritt soll ein Dienstleister das Konzept erstellen. In welchem Umfang entscheidet der Haushalt. Von dem wir keine einzige Zahl kennen.

Prof. Joachim Schulze (Fraktion BfG/Grüne) möchte wissen, ob sich die Verwaltung mit dem Thema „Kommunale Wärmeplanung“ beschäftigt. Bundesweit soll es 2024 verpflichtend werden. Das Rathaus hat es auf dem Schirm und prüft, ob man dieses Jahr noch aktiv wird. Bis Jahresende ist die kommunale Wärmeplanung noch freiwillig und wird gefördert. Für Görlitz ist das Thema aufgrund der riesigen Altbausubstanz eine extreme Herausforderung.

Ich erkundige mich, ob es für die Jahnsporthalle einen Zeitplan gibt. Das Dach ist undicht und muss repariert werden. Amtsleiter Torsten Tschage hat brandheiße Infos. Für die Dachreparatur gibt es Angebote in Höhe von 75.000 Euro. Das würde den gesamten Werterhalt für alle Görlitzer Sportstätten auffressen. Die Verwaltung prüft jetzt, wie sie damit umgeht. Für mich ist klar: Der Stadtrat soll zügig die Reparatur beauftragen. In der Halle wird auch Sportunterricht durchgeführt. Damit handelt es sich um eine Pflichtaufgabe, die umgehend umzusetzen ist.

Dass Geld vorhanden ist, erfahren wir direkt im Anschluss. Erinnert allerdings an eine Quiz-Sendung. Mirko Schultze (Die Linke) möchte wissen, wieviel Geld wir auf den Konten haben. Der OB erklärt, dass die Liquidität nicht das Problem sei. Wichtiger wäre die Fragestellung, wie weit wir damit kommen. Rückblick: 2021 bekam Görlitz eine sehr hohe Einmalzahlung Gewerbesteuern von Birkenstock. Rund 68 Millionen Euro. Das führt dazu, dass die Stadt in diesem Jahr kein Geld (die sogenannte Schlüsselzuweisung) vom Freistaat erhält. Wir gelten als reich. Müssen damit aber unsere gesamten Ausgaben aus unseren Rücklagen bestreiten. Und wie hoch sind die nun? Finanzchefin Birgit Peschel-Martin antwortet auf Nachfrage ebenfalls nicht konkret. Achtstellig sei der Betrag. Wir bekommen die Matheaufgabe, dass die Stadt die Zuweisungen aus dem Finanzausgleich in Höhe von etwa 40 Millionen Euro für 2023 selbst ausgleichen muss. Heißt das, wir haben 28 Millionen Euro über? Sicher nicht. Mit solchen rätselhaften Antworten werden Spekulationen angeheizt.

Noch keine Lösung gibt es für die Skater des Europamarathon e.V., die bislang im Gewerbegebiet Klingewalde trainierten. Dort soll demnächst das Projekt Bauen 4.0 der TU Dresden seinen Standort bekommen. Mit dem Verkauf des Geländes ist das Skaten nicht mehr möglich. Bislang gibt es keinen Ausweichstandort. Rathaus und Sportler suchen gemeinsam.

Das Thema Barrierefreiheit in der City spricht Stadtrat Mike Thomas (BfG) an. Selbst blind wünscht er sich, dass die Händler und Gastronomen auf der Berliner Straße ihre Tische,  Stühle und Werbematerialien nicht mitten auf den Fußweg stellen. Er schlägt einen Vor-Ort-Termin vor, auch um Stadtrat und Händler ins Gespräch zu bringen. Außerdem möchte Mike Thomas wissen, warum es z.B. in Weinhübel noch Ampeln ohne akustische Signale gibt. Das liegt daran, so die Verwaltung, dass die Ampeln im Zuge von Baumaßnahmen getauscht werden. Hier ist also Geduld gefragt.

Über die Frage von Yvonne Reich (BfG) freue ich mich sehr. Sie erkundigt sich nach einem Personalkonzept. Zuletzt fühlte sich unsere Fraktion recht einsam mit solchen Forderungen. Der OB verspricht einen Bericht in einer der nächsten Ausschusssitzungen. Bin gespannt.

Es folgt ein Bericht der städtischen Wirtschaftsförderer von der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH. Geschäftsführerin Eva Wittig kann positive Dinge erzählen. Im ersten Quartal gab es 20 Investorenanfragen. Das ist eine ganze Menge. Damit verbunden wären 500 Arbeitsplätze. Es handelt sich jeweils um kleinere Einzelanfragen, die in Summe rund 20 Hektar Fläche ausmachen.  Großinvestoren sind nicht darunter. Görlitz hat auch gar keine großen Flächen zur Verfügung.

Wesentliche Aufgabe wird in den nächsten Jahren das Anwerben von Arbeitskräften. Görlitz ist in den letzten Jahren unerwartet zur Vorreiterin für mehr Internationalität geworden. Der Trend nimmt zu. Von Januar 2021 bis Mitte 2022 stieg die Zahl der ausländischen Beschäftigten um 23 Prozent. Insbesondere sind es polnische Arbeitskräfte. Unsere Nähe zum Nachbarland ist ein Standortvorteil.

Auch die Tourismusentwicklung ist Aufgabe des Teams der EGZ. Das Werben wirkt. Nach den Corona-Jahren kommen die Gäste wieder in Scharen. 2022 war das zweitbeste Jahr nach 2019. Jeder fünfte Gast in der Oberlausitz kam nach Görlitz. Besser werden können wir bei der Aufenthaltsdauer. Das braucht einen langen Atem.

 

Gibt es zu diesem Vortrag kaum Diskussionen, entwickelt sich der Gleichstellungsbericht der Beauftragten Katja Knauthe zum Auslöser für den Austausch von Weltanschauungen. Zunächst wird von AfD- und CDU-Vertretern kritisiert, dass der Bericht nicht in einer korrigierten Endfassung vorliegt. Mir ist es lieber, wenn der Stadtrat möglichst früh einbezogen wird und noch Hinweise geben kann, als einen fehlerfreien Bericht abzuheften.

Wo klemmt die Säge bei der Gleichstellung? Besonders bei der politischen Beteiligung. Nur 16 Prozent der Stadträte sind weiblich. Dass unsere Fraktion mit 40 Prozent den höchsten Frauenanteil hat, ist ausschließlich den Bündnisgrünen zu verdanken. CDU-Stadtrat Maik Gloge versucht zu relativieren. „Es entscheiden am Ende die Wählerinnen und Wähler“. Die CDU habe viele Frauen für die letzte Wahl aufgestellt, auch auf guten Positionen. Faktencheck: Von den im Stadtrat vertretenen Parteien und Organisationen hatte die CDU mit 25 Prozent den zweitschlechtesten Wert. Weniger Frauen konnte nur die AfD für eine Kandidatur bewegen. Als Freie Liste Motor Görlitz haben wir uns aber auch nicht mit Ruhm bekleckert (ein Drittel Frauenanteil auf der Liste). Aus eigenem Erleben kann ich bestätigen: Es ist deutlich schwieriger, Frauen für eine Kandidatur zu bewegen. Kommunalpolitik ist nicht sonderlich sexy und sehr zeitaufwändig. Es gibt wenig Applaus von außen und durchaus die Frage: Warum tue ich mir das eigentlich an? Ich habe keine Lösung, wie Kommunalpolitik und Frauen besser matchen könnten. Fakt ist, dass stundenlange Sitzungen, ohne Online-Alternative, plus geringe gestalterische Möglichkeiten viele kluge Köpfe von einer Kandidatur abhalten. Natürlich hat Kollege Gloge Recht: Am Ende entscheiden die Wähler über die Zusammensetzung des Rates. Wenn sie am liebsten die Leute ankreuzen, die sie schon immer gewählt haben, wird es schwierig mit der Erneuerung.

Wie sieht es mit der Gleichstellung bei den Beschäftigten in der Verwaltung aus? Auf den ersten Blick ein echter Frauenladen. Gesamtanteil 60 Prozent. In Kita (90%) und Kernverwaltung (70%) sind Frauen noch deutlicher in der Überzahl. Das kehrt sich in den technischen Bereichen komplett um. Manche nennen es „Geschlechterstereotype“. Andere „normal“. Spannender finde ich die Frage, warum trotz „Überschusses“ nur 33 Prozent der Amtsleiterstellen von Frauen besetzt sind. Ich hoffe, dass der OB auch an einer Antwort interessiert ist und den Bericht für eine moderne Ausrichtung der Verwaltung nutzt.

Erörtert wird die Frage: Warum hat Görlitz keine Frauenbeauftragte, obwohl das laut Sächsischem Frauenförderungsgesetz vorgeschrieben ist? Hauptamtsleiterin Kathrin Burkhardt klärt auf. Bis 2022 gab es eine Frauenbeauftragte. Nach ihrem Ausscheiden wurde nicht neu gewählt. Grund: Der Freistaat novelliert das Frauenförderungsgesetz. Das Ergebnis wolle man abwarten. Echt jetzt? Wenn eine Stadtverwaltung nicht mehr nach dem Buchstaben des Gesetzes handelt, wer dann? Zumal es für eine moderne Stadt eine Freude und keine Last sein sollte, eine Frauenbeauftragte zu haben. Sie wird aus der Mitte der weiblichen Angestellten gewählt. Es ist ein Ehrenamt, keine zusätzliche Stelle.

Neben der Gleichstellung gehört die Integration ausländischer Mitmenschen zu den Aufgaben von Frau Knauthe. Formal zuständig für diese Themen ist der Landkreis. Görlitz kommt aufgrund seiner Größe und des hohen Ausländeranteils aber eine besondere Funktion zu. Diese wurde in den letzten Jahren nicht gut ausgefüllt. Die Angebote sind nicht mit den Bedarfen mitgewachsen. Es fehlt an Zugängen zu integrativen Maßnahmen. Die Strukturen passen nicht zur Aufgabenfülle. Bisweilen hapert es auch an der Kommunikation.

Die Diskussion zum Bericht ist vorhersehbar. Teile der AfD nutzen die Gelegenheit, um ihrem Äffchen Zückli zu geben und gegen die Bundespolitik zu ätzen. Da geht es um das angeblich geplante willkürliche Ändern des Geschlechts und die Bevorzugung von Frauen. „Wenn das durchkommt, bin ich nächstes Jahr Präsidentin des Landgerichts“, kündigt Stadtrat Torsten Koschinka an, ein aus der AfD ausgetretener Richter. Brüller.

Der Bericht wird uns weiter beschäftigen. Er mündet in einen konkreten Handlungsplan, der uns die nötige Orientierung geben wird. Es reicht nicht aus, die „Charta der Gleichstellung“ zu unterzeichnen. Man muss sie leben. Idealerweise von der Spitze aus.

Nach der Versorgungs- und Erfrischungspause fassen wir Beschlüsse. Hier eine Auswahl der Themen:

Ehrung für die Verdienste um die Europastadt Görlitz/Zgorzelec
Die Europa-Medaille bekommt in diesem Jahr der KulturBrücken e.V. für das Projekt CYRKUS. Darüber freuen wir uns sehr. Ist doch der Verein ein echter Grenzgänger. Seit mehr als 15 Jahren werden deutsche und polnische Kinder und Familien in regelmäßigen Kontakt gebracht. Der Name CYRKUS ist dabei Programm: Er vereint den polnischen und deutschen Begriff für Zirkus. Die Auszeichnung wird am 30. Mai bei der gemeinsamen Stadtratssitzung mit Zgorzelec im Dom Kultury übergeben.

Weiterführung des Netzwerkprogramms „Engagierte Stadt“ unter Trägerschaft des Görlitz für Familie e. V.
Ausgerechnet dort, wo bürgerschaftliches Engagement unterstützt wird, wittert die AfD-Fraktion Rechtsbruch. Worum geht es? Der Görlitz für Familie e.V. koordiniert im Rahmen des Programm „Engagierte Stadt“ ein Netzwerk, das aus zwölf Partnern besteht, die eine vernetzende, beratende, koordinierende oder vermittelnde Funktion im bürgerschaftlichen Engagement wahrnehmen: Kreissportbund, Willkommensbündnis, Mehrgenerationenhaus, Meetingpoint Messiaen, Rabryka, Lokales Bündnis Görlitz für Familie, Stadt Görlitz, A-Team, Bürgerräte, Senioren-Kompetenz-Team, Netzwerk der jungen Görlitzer Vereine und Initiativen, Partnerschaft für Demokratie sowie der Arbeitskreis „Görlitz nachhaltig“.

Problem: Görlitz hat keinen Haushalt. Ohne Haushalt keine neuen Verpflichtungen, sagt die AfD. Das sieht die Verwaltung anders. Denn das Projekt wurde vom Stadtrat in die Finanzplanung für 2023/24 mit je 29.000 Euro jährlich aufgenommen. Es gibt ein zähes Hin und Her. Die AfD-Kollegen schlagen sich vor die Brust. Gäbe es ein Feuer, würden sie drumherum tanzen. Ihre folkloristische Einlage umfasst auch das Begehren, dass namentlich abgestimmt wird. Das lehnen alle anderen Fraktionen ab. Die Abstimmung zum eigentlichen Sachverhalt endet mit 25:10. Die Netzwerkarbeit kann fortgesetzt werden. Die AfD kündigt an, den Beschluss rechtlich prüfen zu lassen. Nur zu.

Kauf und Einrichtung von Schulcontainern ab dem Schuljahr 2023/2024
Das ist keine überraschende Beschlussvorlage. Bereits vor zwei Jahren, als sehr emotional um den Bau einer fünften Oberschule gerungen wurde, war klar, dass wir unabhängig davon weitere Schulcontainer benötigen. Leider glauben übergeordnete Strukturen, wie das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub), dass Kommunen total plemplem sind und erheben eigene Zahlen. Nun stellt sich „überraschend“ heraus, dass Görlitz Recht hatte. Für das kommende Schuljahr reichen die Räume an den Oberschulen in Rauschwalde und Königshufen ebenso wenig wie an der Grundschule Jahnstraße.

Damit die vier benötigten Container noch rechtzeitig fertig werden, müssen wir im Schnellverfahren den Beschluss fassen. Das ist suboptimal. Wir haben die technischen Zusammenhänge nicht ausreichend vorberaten. So ist unklar, warum sich die Kosten für einen Schulcontainer im Vergleich zu 2018 verdoppelt haben sollen. Ob das wirklich stimmt, sehen wir nach der Ausschreibung. Gar nicht mitgedacht wurde die Energieversorgung. Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor Görlitz) regt an, PV-Module zu installieren. Diese versorgen nicht nur die Container mit Energie, sondern können auch in die zugehörigen Schulen einspeisen. Durch die Selbstversorgung rechnet sich eine solche Anlage bereits nach vier bis fünf Jahren. Wir werden diesen Vorschlag noch genauer durchdenken und ggf. einen Antrag einreichen. Bei allem Verständnis für Personalknappheit im Rathaus: Wer klimaneutrale Stadt werden möchte, sollte diese Fragen immer auf dem Schirm haben und von Beginn an mitdenken.

In der Debatte sprechen sich alle Fraktionen und die Rathausspitze für die zügige Errichtung einer fünften Oberschule aus. Das ist ein deutlicher Fortschritt. Noch im März 2021 hatte der damalige Bürgermeister Michael Wieler (BfG) eine Vorlage eingebracht, mit der der Stadtrat den Beschluss zum Bau einer fünften Oberschule zurücknehmen sollte. Einen Monat später gab es eine denkwürdige Sitzung, bei der gegen die Stimmen der Fraktionen von Bürger für Görlitz und CDU (bis auf Gerd Weise) am Bau festgehalten wurde. Schön, dass mittlerweile alle Fraktionen die dringende Notwendigkeit einer zusätzlichen Schule akzeptieren. Meine Kollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne) betont in einem Statement, dass die Oberschule aufgrund der Schülerzahlen schon seit 2015 gebraucht wird. Sie wäre jetzt ausgelastet. (Wir müssten also bereits über eine weitere Schule reden. Auch im gymnasialen Bereich wird es eng.)

Ebenfalls unstrittig in der Diskussion: Uns fehlen Lehrkräfte. Wir brauchen Kampagnen, die Lehrer anlocken, unsere Vorzüge zeigen. Auch hier eine kleine Erinnerung: Vor gut einem Jahr beantragte unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne, dass der Oberbürgermeister bei den zuständigen Behörden eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen einholt. Außerdem sollte der OB gemeinsam mit dem Landkreis Görlitz (Schulamt) sowie den Städten und Gemeinden, die Schulträger im Kreis Görlitz sind, eine interkommunale Arbeitsgruppe initiieren. Ziel sollte eine gemeinsame Strategie für die Bekämpfung des Lehrer-Mangels sein. Dem Antrag wurde damals nicht zugestimmt. CDU, BfG sowie die Mehrzahl der AfD-Stadträte waren dagegen. Wegen „fehlender Zuständigkeit des Stadtrates.“ Ich freue mich, dass sich ein Erkenntnisgewinn einstellt.

Interessant ist in der Diskussion eine Frage, die auch immer wieder durch die Stadt geistert. Jens Jäschke (AfD, fraktionslos) stellt sie: Warum gehen polnische Kinder in Görlitzer Schulen, die gar keinen Wohnsitz in Deutschland haben? Bürgermeister Hummel stellt klar, dass es sich um sehr wenige Kinder handelt, die in Polen wohnen und hier zur Schule gehen. Insbesondere das Gymnasium Anne Augustum wirbt mit dem deutsch-polnischen Profil, das durch einen Staatsvertrag gesichert ist.

Bleibt die Frage, was aus den mittlerweile neun Containern wird, wenn wir endlich eine neue Schule haben? Ideen gibt es einige. Sie könnten auf Sportplätzen als Umkleidekabinen oder Lagerräume dienen oder auch im Verkehrsgarten sinnvolle Dienste leisten.

Der Beschluss wird einstimmig gefasst. Je einen zusätzlichen Schulcontainer bekommen die Oberschule Rauschwalde und die Scultetus Oberschule. Zwei Container werden an der Jahnschule aufgestellt. Gesamtkostenschätzung: Knapp 600.000 Euro.

Änderung des Beschlusses zur Bildung einer Arbeitsgruppe Integration
Zum Abschluss des öffentlichen Teils geht es um die Arbeitsgruppe Integration. Diese wurde vom Stadtrat bereits 2019 beschlossen. Sie hat seitdem aber nicht wirklich gearbeitet. Zu groß ist der Kreis, zu unflexibel besetzt. Deshalb beantragt die Fraktion von Bürger für Görlitz/Grüne eine Änderung. Feste Mitglieder sollen sein: der Fachbürgermeister, die Gleichstellungsbeauftragte, die Leitung des Kommunalpräventiven Rates und die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Bildung, Soziales und Migration. Weitere Fachleute werden themenbezogen eingeladen.

Die AfD mault rum, dass sie als größte und schönste Fraktion des Rates gar nicht vertreten ist. Im selben Atemzug sagen die Blauen, dass das alles Landkreisaufgabe ist und wir uns raushalten sollen. Ja was denn nun? Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) stellt zurecht fest, dass Görlitz aufgrund seiner Größe und des hohen Ausländeranteils eine besondere Verpflichtung und Verantwortung hat. Das schätzt auch der OB so ein. Formal gibt es zwar keine Zuständigkeit, aber es wichtig, dass Görlitz in den Netzwerken mitwirkt. Der Stadtrat zeigt sich hier einig. Alle Fraktionen stimmen zu. Bis auf die AfD.

Feierabend? Fast. Der OB bittet den Stadtrat zu einem unangekündigten, kurzen nichtöffentlichen Teil. Darüber hänge ich den Mantel des Schweigens. Er wird hoffentlich bald gelüftet. Denn das Thema gehört nicht hinter verschlossene Türen.

 

Autor: Mike Altmann